Maik, in dieser Saison gibt es keine Zuschauer, stattdessen viele Corona-Tests und ausgeklügelte Reisepläne. Hast du dich an diesen ungewohnten Rahmen gewöhnt?
Maik Machulla: Ich hoffe und glaube nicht, dass wir uns an diese ungewohnten Rahmenbedingungen gewöhnen werden. Man passt sich an – mehr nicht. Diese außergewöhnliche Situation erfordert viel Kreativität und Planung, damit die Dinge, die wir nicht beeinflussen können, keine Energie kosten und sich die Spieler nur mit den sportlichen Belangen beschäftigen.
Wie fällt ein Zwischenfazit nach den ersten vier Monaten dieser Spielzeit aus?
Maik Machulla: Die Mannschaft macht es ausgesprochen gut. Sie merkt generell wenig von den außergewöhnlichen Bedingungen, da die Geschäftsstelle vieles in die Hände genommen hat. Auch Beirat und Geschäftsführung halten uns den Rücken frei. Da sich die Spieler auf den Sport fokussieren können, sind sie auch erfolgreich. Die Mannschaft ist unheimlich schnell homogen geworden und kompensierte Rückschläge nicht nur, sondern verwandelte diese sogar in positive Energie. Jeder weiß, unter welchen schweren Bedingungen die Vorbereitung stand. Wir hatten keinen Innenblock und keinen Kreisläufer, siegten trotzdem zum Auftakt gegen Kielce. Dann fiel bald Lasse Møller weg, später Franz Semper – und trotzdem blieben wir erfolgreich.
Zunächst zwickte es am Kreis, zuletzt im Rückraum. Sind die Häufungen dieser Verletzungen nur Pech oder gibt es auch andere Gründe?
Maik Machulla: Viele Verletzungen waren einfach nur Pech. Die Spieler sind sehr gut trainiert, befinden sich auf einem Top-Niveau. Doch einen Unterschied gibt es im Vergleich zu früheren Jahren: Die Spieler können sich nicht zu 100 Prozent auf den Sport konzentrieren, da nicht alles außerhalb des Spielfelds reibungslos funktioniert. Meine Jungs machen sich – das ist völlig menschlich – Gedanken über Corona oder Quarantäne-Bestimmungen, sie sorgen sich um ihre Familien oder haben sogar Zukunftsängste. Wenn man dann nicht mit hundertprozentigem Fokus auf dem Spielfeld steht und nicht in jeder Situation hellwach ist, kann das auch Verletzungen begünstigen.
Bleiben wir bei den Pechvögeln. Ausgerechnet für die Neuzugänge lässt sich diese Bezeichnung fast komplett wählen. Haben alle drei dennoch bewiesen, dass sie Verstärkungen sein können?
Maik Machulla: Ja, in jedem Fall. Franz Semper ist individuell einer der besten Handballer im rechten Rückraum und noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung. Mads Mensah brachte viel Erfahrung und Energie ins Team. Lasse Møller hat in der kurzen Zeit bewiesen, dass er ein außergewöhnliches Talent hat, aber in der Abwehr und im physischen Bereich noch viel arbeiten muss.
Im rechten Rückraum möchte die SG noch einmal zuschlagen. Was sucht ihr für einen Charakter?
Maik Machulla: Wir brauchen jemanden, der vorne wie hinten geeignet ist, der die Bundesliga kennt, uns vom Niveau her bereichert und nicht in Ehrfurcht erstarrt, wenn er sich das SG Trikot überzieht. Wir haben hohe Ansprüche, aber alles andere macht keinen Sinn.
In welchem Bereich siehst du die positivste Entwicklung der letzten Monate?
Maik Machulla: Unser Spiel hat sich über den Kreis sensationell entwickelt. Im letzten Jahr waren wir da noch weniger mutig, jetzt werden mehr und mehr die Möglichkeiten für den Kreis gesucht. Johannes Golla und Simon Hald besitzen ein sehr gutes Gespür für den richtigen Zeitpunkt, sich zu den richtigen Stellen zu bewegen. Wir sind variabler geworden und reagieren schneller auf die Vorgaben des Gegners. Die Sieger-Mentalität ist gewachsen. Auch wenn die Spieler mal nicht ihr Niveau erreichen, bleiben sie ruhig und glauben an ihre Qualitäten.