„In Süddeutschland sag` ich manchmal Moin“

- Das Interview der Woche: Marius Steinhauser

Marius Steinhauser gehört zu den erfolgreichsten Spielern der letzten Jahre in der LIQUI MOLY HBL. Allein vier Mal gewann er die deutsche Meisterschaft, davon zwei Mal mit der SG Flensburg-Handewitt, für die er seit 2017 spielt. Seitdem tat sich beim Badener auch privat sehr viel. Die Redaktion sprach mit dem 28-Jährigen. 

Marius, seit bald vier Jahren lebst du hoch im Norden. Spürt man als Süddeutscher große Unterschiede in der Mentalität der Menschen?
Marius Steinhauser: Die Unterschiede sind nicht so groß wie die Vorurteile. Es heißt, dass die Norddeutschen schroff, distanziert und nicht warmherzig seien. Als ich hier ankam, waren dann aber alle offen und hilfsbereit. Die Region Flensburg machte den Eindruck, ein Teil einer großen norddeutschen Familie zu sein. Natürlich gibt es Unterschiede – beim Humor oder im Dialekt. Inzwischen ist es aber so, dass ich manchmal sogar in Süddeutschland Moin sage. Im Süden scheint es mir etwas hektischer zu sein. Dort ist man häufiger auf dem Sprung, während man im Norden etwas entspannter ist. An der Kasse eines Supermarktes erlebte ich mal eine Situation, die in Süddeutschland undenkbar gewesen wäre. Da unterhielten sich Kassiererin und Kundin fünf Minuten lang, obwohl es eine Schlange gab.

Was gefällt dir besonders gut am Norden?
Marius Steinhauser: Das Meer. Die Ostsee ist ganz in der Nähe, aber auch an der Nordsee ist es sehr schön. Amrum, Föhr oder Sankt Peter-Ording haben wir schätzen gelernt. Auch die Nähe zu Dänemark ist reizvoll. Nur ein paar Schritte an der Schusterkaste – und man ist drüben. Aber auch Flensburg selbst bietet so viele Möglichkeiten. Das hatte ich nicht erwartet. Vor dem Wechsel nach Flensburg war ich nur zu den Spielen hier. Da wusste ich nicht, dass es in der Stadt so hügelig ist.

Deine Teamkameraden wohnen alle entweder in Flensburg oder in Handewitt. Wie bist du nach Harrislee gekommen?
Marius Steinhauser: Das liegt wohl daran, dass wir uns selbst ein Haus suchten. Wir wohnten schon in einer 10.000-Seelen-Gemeinde und wollten in einem Ort ähnlicher Größe leben. Gleich das erste Haus war ein Treffer. Harrislee ist sehr dicht an Flensburg. In nur fünf Minuten ist man mit dem Fahrrad am Flensburger Hafen. Da wäre mir Handewitt schon wieder zu weit weg,

Zunächst warst du allein in Harrislee. Inzwischen hat sich familiär aber einiges getan?
Marius Steinhauser: Ja, die ersten Monate war ich weitgehend allein. Es war zunächst eine kleine Herausforderung, die ich mit meinem Wechsel auch bewusst einging. Ich wohnte allein in einer neuen Region und musste mich in einer neuen Mannschaft behaupten. Annika musste noch eine Fortbildung beenden und folgte im Januar 2018. Im Sommer schafften wir uns einen braunen Labrador an. Annika und ich heirateten im Januar 2019 im Schloss Glücksburg, im Sommer folgten die kirchliche Trauung und eine große Feier im Süden. Jetzt freuen wir uns über ein Mädchen.

Zum Sport: Du kannst auf eine fast unglaubliche Serie zurückblicken. Von 2016 bis 2019 warst du vier Mal in Folge deutscher Meister. Gibt es einen Lieblingstitel?
Marius Steinhauser: Jeder Titel hat seine eigene Geschichte. Beim ersten Mal mit den Rhein-Neckar Löwen war es ein Novum für den Verein und für mich. Beim zweiten Mal waren wir besonders stolz, dass wir so früh durch waren. Bei der SG war dann 2018 die erste Meisterschaft nach 14 Jahren ein Riesending, zumal sich viele Spieler verabschiedeten. Die Titelverteidigung war dann eine Bestätigung unserer Leistung. Und wenn die letzte Saison nicht wegen der Corona-Pandemie abgebrochen worden wäre, wären wir erneut Meister geworden.

Du bist seit 2017 bei der SG. Wie fällt deine sportliche Bilanz aus?
Marius Steinhauser: In den drei Jahren habe ich mich stetig weiterentwickelt und habe nun mehr Spielanteile als am Anfang. Sicherlich erkennt jeder, dass es kein Fehler war, dass ich 2017 zur SG wechselte. Damals war ich bei den Löwen der zweite Rechtsaußen hinter Patrick Groetzki, der ja noch relativ jung ist. Da sah ich hinter einem erfahrenen Spieler wie Lasse Svan, der ja eine Legende ist, die besseren Perspektiven. Außerdem ist die SG ein Top-Verein, bei dem es im Drei-Tages-Rhythmus immer wieder neue Gelegenheiten gibt, sich auszuzeichnen. Und als Lasse Svan im letzten Februar und März verletzt war, war ich zur Stelle.

Bei der jüngsten Weltmeisterschaft gehörtest du dem erweiterten Aufgebot der DHB-Auswahl an. In Ägypten warst du letztendlich nicht. Wie hast du dieses Turnier verfolgt?
Marius Steinhauser: Bei jedem Spiel der deutschen Mannschaft fieberte ich mit und hoffte auf das bestmögliche Ergebnis. Dass ich im Kader stand, wertete ich als Anerkennung. Als sich Tobias Reichmann verletzte, hatte ich allerdings nicht damit gerechnet, dass ich gleich angerufen werden könnte. Es gab ja noch Patrick Groetzki, der dann ja auch nach Ägypten reiste.

Hoffst du darauf, irgendwann ein Länderspiel zu bestreiten?
Marius Steinhauser: Ja, natürlich. Wenn man von Titeln absieht, ist es die größte Ehre für sein Nationalteam zu spielen. Von kleinauf schaute man Welt- und Europameisterschaften. So sind die großen Ereignisse naturgemäß ein besonderes Ziel.

Die Belastung würde aber größer werden…
Marius Steinhauser: Es hat nun einmal alles Vor- oder Nachteile. Nun kann man sich in Länderspiel-Wochen auf andere Dinge konzentrieren, kleinere Blessuren behandeln lassen oder mit einem gezielten Kraft-Training den Grundstein für die nächste Phase legen. 

Viele Spieler absolvieren neben dem Sport ein Studium. Wie sieht es bei dir aus? Man hat dich ja schon mal in der SG Geschäftsstelle am Computer sitzen gesehen.
Marius Steinhauser: Mein Studium schloss ich 2019 mit dem Bachelor in BWL ab. Meine Schwerpunkte waren Sport- und Marken-Marketing. Ich absolvierte ein Praktikum in der Geschäftsstelle und gewann coole Einblicke in die Arbeit bei der SG. Bei meiner Bachelor-Arbeit beschäftigte ich mich mit der Frage, ob sich die SG als Marke wahrnimmt. Es war eine Innenansicht. Ich sprach mit Mitarbeitern der Geschäftsstelle und Spielern. Das Ergebnis war sehr positiv: sowohl in der Note als auch im Fazit. Die SG ist eine der wenigen Marken im Handball.

Wie sehr beschäftigt man sich als Handballer mit den aktuellen Einschränkungen, die die Corona-Pandemie mit sich bringen.
Marius Steinhauser: Man verfolgt die Nachrichten, hört von den vielen Einschränkungen im öffentlichen Leben. Ich hoffe, dass das Ganze bald zu Ende ist und die Gesellschaft gut durch die schwere Zeit kommt. Sportlich hatten wir schon Spielabsagen wegen einiger Corona-Fälle, aber wir sind sehr froh, dass wir spielen können. Dementsprechend vorsichtig müssen wir uns auch verhalten.

Wie sehen deine Planungen für die Zukunft aus? Der Vertrag läuft ja noch bis 2023.
Marius Steinhauser: Ich bin jemand, der die Dinge eher auf sich zukommen lässt. Ich freue mich auf die Zeit mit meiner Familie. Persönlich möchte ich weiterkommen und mit der Mannschaft viele Erfolge feiern. Wir haben eine junge, hungrige Mannschaft.