Im SG Dauerfieber

- Folge 23: Roland Schmidt

Handball ist Tempo, Athletik und Raffinesse. Aber auch die Emotionen spielen eine wichtige Rolle. Auf und neben dem Spielfeld. Ohne die Zuschauer wäre die „Hölle Nord“ nicht vorstellbar. In einer Serie des KONTER werden einige Fans vorgestellt. Wie entstand die Begeisterung zur SG Flensburg-Handewitt? Was waren die persönlichen Höhepunkte?

30 Jahre SG – dies persönliche Jubiläum hat Roland Schmidt inzwischen hinter sich. Als Teenager hätte er sich das nicht vorstellen können. Der Schleswiger verfolgte das Fußball-Geschehen, beim Handball höchstens mal ein Länderspiel. Ein Schulfreund hatte allerdings einen Vater, der in einem Schleswiger Verein das Handball-Tor hütete und mit seinem Sohn auch mal ein Bundesliga-Spiel in Flensburg besuchte. „Als sie zwei Mal ohne mich gefahren waren, mussten sie mich beim dritten Mal unbedingt mitnehmen“, erinnert sich Roland Schmidt mit einem Schmunzeln. Seine Premiere erlebte der heute 47-Jährige am 2. Dezember 1992. Sie war durchaus denkwürdig: Die SG führte drei Minuten vor Schluss mit 22:18 gegen Schutterwald und musste sich dennoch mit nur einem Punkt begnügen. „Da war viel Action und immer etwas los, aber die Fördehalle war doch etwas reserviert“, erzählt er. Es war keine Liebe auf den ersten Blick, sondern auf den zweiten. „Ein paar Wochen später sah ich ein Spiel in der Handewitter Wikinghalle, da hat mich die Stimmung gleich gecatcht.“

Die erste Dauerkarte
In Windeseile wurde Roland Schmidt ein SG Fans, trat den „Wikingern“ bei und fuhr kurz darauf erstmals mit zu einer Auswärtspartie. Es setzte eine knappe Niederlage in Lemgo. Ein typisches Resultat in dieser Saison, in der die SG hauchdünn den Klassenerhalt verpasste. „Da hatte ich eine neue Liebe entdeckt, und dann ist man gleich abgestiegen“, erzählt der Fan mit einem Lächeln. Denn es gab ein Happyend: Zunächst erwarb er seine erste Dauerkarte, dann kehrte sein Klub binnen weniger Wochen zurück in die Erstklassigkeit – am grünen Tisch. Roland Schmidt musste zwar länger auf seinen ersten Auswärtssieg warten, avancierte dafür zum Wegbegleiter eines sportlichen Aufstiegs in die europäische Spitze. Rückschläge blieben nicht aus. Im Frühling 1996 reiste der Schlachtenbummler mit ins spanische Granollers, musste das „Aus“ im Europokal verdauen. Quasi auf dem Rückweg folgte eine Schlappe in Frankfurt, die alle Hoffnungen im Meisterrennen zerstörte. Ein Jahr später drohte kurz vor dem Ziel wieder Unheil. Roland Schmidt hatte extra bei seiner Oma in Flensburg übernachtet, um frühmorgens in einen der zehn Busse zu steigen, die sich auf den Weg nach Kopenhagen machten. Das Ergebnis gegen Virum Sorgenfri brachte eine gewisse Ernüchterung, im Rückspiel drehte die SG aber souverän das Blatt und kürte sich zum EHF-Cup-Sieger 1997. „Bei der Ehrenrunde bin ich mit den Spielern mitgelaufen“, schmunzelt der treue Anhänger. „Wie im Dorfverein, aber richtig toll.“

Nicht ohne SG Fahne
2001 wurde Roland Schmidt am letzten, ernüchternden Bundesliga-Spieltag von Magdeburger Fans getröstet. 2003 feierte er den DHB-Pokal und 2004 die erste Meisterschaft. Inzwischen war er – passend für einen Sparkassen-Mitarbeiter – Kassenwart bei den „Wikingern“. In der Campushalle hatte er sich für einen Sitzplatz entschieden. Aber nicht ohne seine SG Fahne, die nicht in allen Arenen gerne gesehen wird. In der „Hölle Nord“ steht das Utensil aber für kein Gefährdungspotenzial. „Mit der Fahne schwenke ich gerne auf der Südtribüne“, erzählt Roland Schmidt und verrät mit einem Grinsen: „Manchmal versuche ich, die gegnerischen Schützen beim Siebenmeter zu hypnotisieren.“