„Ich denke nicht zurück“

- Das Interview der Woche: Simon Pytlick

Bis Dezember arbeitete Simon Pytlick intensiv an seinem Comeback. Dabei halfen dem dänischen Rückraumass das familiäre Gefühl bei der SG Flensburg-Handewitt und die schöne Atmosphäre in der Stadt. Mitte Dezember stand er dann wirklich wieder auf dem Spielfeld. Die Redaktion sprach mit dem 23-Jährigen.

Simon, du hast sehr abwechslungsreiche Monate hinter dir. Zunächst hast du viele neue Mannschaftskollegen bekommen, dann hast du erste Siege mit der SG Flensburg-Handewitt gefeiert, aber auch ein paar Rückschläge verkraften müssen. Wie fällt deine erste Bilanz aus?
Simon Pytlick: Der Start bei der SG war doch etwas chaotisch. Da wir mehrere neue Spieler in unseren Reihen hatten, konnten wir anfangs noch nicht die beste Chemie entwickeln. Dennoch gelang uns ein knapper Sieg im Derby gegen den THW Kiel. Zwar zeigten wir nicht unsere beste Leistung, die Geschwindigkeit im Angriff und die Atmosphäre in der Halle waren aber beeindruckend. Für mich war es leider nur eine halbe Hinserie. Die Fußverletzung war natürlich mein persönlicher Tiefpunkt. Zum Glück ging es bald voran. Es ist ein schönes Gefühl, wenn das Comeback immer näher rückt. Nach wochenlanger Reha steigt man wieder in das Mannschaftstraining ein, dann sogar ins Warmup vor einem Spiel. Dass ich beim letzten Heimspiel gegen Lemgo mitspielen konnte, war so etwas wie ein Happyend für dieses Jahr.

Denkst du noch öfter an die Situation, die in Nürnberg zu deiner Verletzung führte?
Simon Pytlick: So etwas kann im Handball passieren, ich denke nicht mehr zurück. Seit Ende Oktober ging es für mich nur noch darum, wieder einsatzfähig zu werden. 

Warst du schon mal über Wochen verletzt?
Simon Pytlick: Ich hatte mir mal einen Finger gebrochen, aber sieben Wochen musste ich noch nie zuschauen. Ich hatte noch nie so viel Kraft-Training wie zuletzt und fühle mich jetzt stärker als zuvor.

Zurück zum Saisonstart: War es für dich hilfreich, dass mit Trainer Nicolej Krickau und Lukas Jørgensen zwei weitere Akteure von GOG mit dir gemeinsam den Weg zur SG fanden?
Simon Pytlick: Das war natürlich angenehm. Mit Lukas Jørgensen pflegte ich schon ein vertrautes Zusammenspiel bei GOG. Die Arbeitsweise von Nicolej Krickau kannte ich natürlich auch, er hat aber auch immer ein paar neue Ideen.

Wie war es, Lasse Møller wiederzutreffen? Er soll ja auch mal dein Trainer gewesen sein…
Simon Pytlick: Als ich 18 Jahre alt war und in der A-Jugend von GOG spielte, war Lasse Møller nicht nur einer der Profis, sondern auch der Assistenztrainer meiner Mannschaft. Er hatte schon die Anlagen eines Weltklasse-Handballers. Für uns junge Spieler war er ein Vorbild, und wir konnten etwas von ihm lernen.

Du kommst aus einer Handball-Familie. Gab es die Möglichkeit, Fußballer zu werden?
Simon Pytlick: Als ich so acht oder zehn Jahre alt war, hatte ich mich in mehreren Sportarten ausprobiert. Ich schwamm, trainierte Kickboxen, machte auch mal Gymnastik und spielte Fußball. Beim Handball war ich aber schon mit in der Halle, als ich sehr klein war. Da hatte ich eigentlich keine Wahl und fing bereits mit drei Jahren an.

Kannst du dich daran erinnern, wie deine Eltern Handball gespielt haben?
Simon Pytlick: Mein Vater hatte sich schon mit 18 Jahren so verletzt, dass er seine aktive Handball-Karriere beenden musste. Ich habe nur Spiele gesehen, in denen er Trainer war. Nach 35 Jahren im Handball-Job hat er nun aufgehört und arbeitet in einem normalen Beruf. Mein Vater sagt, dass meine Mutter eine sehr gute Handballerin war. Sie war im Nationalteam, hörte aber auf, als ich noch ganz klein war.

Wie ist es, wenn du jetzt nach Hause kommst? Spricht ihr sehr viel über Handball?
Simon Pytlick: Das kommt natürlich vor. Aber inzwischen spielen ja nur noch meine jüngere Schwester und ich aktiv Handball. Meine ältere Schwester war in der ersten Liga bei Holstebro, musste aber aufgrund einer Verletzung aufhören. Mit meinem Vater diskutiere ich manchmal über Fußball. Er ist für Manchester City, ich für mehr Tradition und Manchester United. Aber natürlich haben wir auch ganz andere Themen. Es passiert ja immer viel.

Du hast lange für GOG gespielt. Dein erster Verein war das aber nicht, oder?
Simon Pytlick: Ich komme von Thurø. Nur eine kleine Brücke verbindet diese Insel mit Fünen. Dort gibt es auch einen kleinen Verein. Wenn man aber etwas besser wird und ernsthafter Handball spielen möchte, geht der Blick nach Fünen und zu GOG. Dort spielte ich schon mit zwölf Jahren.

Hast du da sofort die Nummer zwei getragen?
Simon Pytlick: Ich war damals relativ groß, und mir passte nur das Trikot mit der Nummer zwei. Es ist dann immer bei der Zwei geblieben.

Warum ist GOG so erfolgreich?
Simon Pytlick: Der Verein lebt von vielen Talenten, guten Trainern und einer Zusammenarbeit mit einer Schule in Oure. Auch ich lebte vier Jahre im Internat und konnte sehr gut Handball trainieren. Außerdem hat GOG einen familiären Zusammenhalt, was sehr förderlich ist. Auch bei der SG habe ich das Gefühl, dass es sich um eine große Familie handelt.

Wie kam der Kontakt zur SG zu Stande?
Simon Pytlick: Schon vor zwei Jahren meldete sich Lars Christiansen (Anmerkung der Redaktion: damals Chefscout der SG) bei mir und sprach über meinen Vertrag bei GOG. Damals kam ich da aber noch nicht heraus. Vor rund einem Jahr hatte ich ein gutes Gespräch mit dem damaligen Trainer-Team, also mit Maik Machulla und Mark Bult. Es gab auch Kontakte zu anderen Vereinen, ich hatte aber sofort ein gutes Gefühl mit der SG. Ich sprach auch mit Emil Jakobsen, den ich schon von GOG kannte und mit dem ich ein Zimmer im Nationalteam teilte. Auch Mads Mensah und Kevin Møller bestätigten mich in meiner Entscheidung. 

Hast du dich in Flensburg gut eingelebt?
Simon Pytlick: Ja, in jedem Fall. In Flensburg gibt es wirklich viele schöne Plätze und Cafés. Ich war schon häufiger mal mit der Familie oder auch mit einem Schulausflug in Flensburg. Ich wusste aber nicht, dass es so viele nette Ecken gibt. Zuvor war ich nur an den größeren Straßen gewesen.

Wir hörten, dass du etwas Pech mit dem Hochwasser Ende Oktober hattest?
Simon Pytlick: Das waren zwei ganz bittere Tage. Ich verletzte mich in Nürnberg und kam vorzeitig nach Hause, während die Mannschaft weiter nach Montenegro reiste. Und dann war in dem Haus mit meiner Wohnung das Erdgeschoss überschwemmt. Ich wohne zwar im vierten Stock, aber der Strom war im ganzen Haus ausgefallen. Ich war dann ein paar Tage bei meinen Eltern auf Thurø, bis wieder alles funktionierte.