„Handball ist immer ein Thema“

- Das Interview der Woche: Kay Smits

Die SG Flensburg-Handewitt greift in dieser Saison mit einem neuformierten Rückraum an. Ein wichtiger Bestandteil ist Kay Smits. Der Linkshänder wechselte im Sommer aus Magdeburg an die deutsch-dänische Grenze. Der Niederländer verließ für den Handball bereits mit 19 Jahren seine Heimat und hat sich gemausert. Die Redaktion sprach mit dem 26-Jährigen.

Kay, als wir uns das letzte Mal länger unterhielten, warst du noch am einziehen. Sind die Umzugskartons inzwischen alle ausgepackt? Was hast du von Flensburg schon gesehen?
Kay Smits: Es hat alles gepasst, alles ist nun auf seinem Platz. Jetzt habe ich – wenn nicht gerade Training oder Spieltag ist – auch mal Zeit, mir Flensburg etwas anzuschauen. An einem freien Wochenende war meine Familie zu Besuch und wir sind am Hafen entlanggegangen. Wasser wirkt immer entspannend auf mich. Außerdem bin ich kein Großstadt-Typ. Die Größe Flensburgs sagt mir zu. Flensburg wirkt wie eine Stadt, aber man braucht auch nur 15 Minuten, um von einer auf die andere Seite zu kommen.

Der „Hot Spot“ der Stadt ist die „Hölle Nord“. Wie war es das erste Mal in der Campushalle für dich als SG Spieler?
Kay Smits: Richtig schön. Es ist ja immer etwas gewöhnungsbedürftig, wenn etwas Neues beginnt und man von einem neuen Zuhause sprechen muss. Die Premiere war so schön wie erhofft – und vor allem hatten wir gegen Hamburg auch gewonnen.

Du stammst aus einer richtigen Handball-Familie und bist nicht das einzige Familienmitglied, das in Deutschland tätig ist. Als kürzlich in Handewitt die deutsche Meisterschaft der weiblichen B-Jugend ausgetragen wurde, war dein Vater Gino als Bundestrainer der weiblichen Jugend vor Ort. Hat er dich früher auch trainiert?
Kay Smits: Es war so, dass meine Mutter meine erste Trainerin war. Etwas später und länger war mein Vater dann der Coach – bis hoch zur Jugend-Nationalmannschaft. Ich hatte da keine Sonderrolle. Und irgendwann war es für alle Beteiligten normal, dass ich in der Mannschaft spielte, die mein Vater trainierte.

In deiner Familie gibt es ja noch mehr Nationalspieler. Wie weit reicht dieser besondere Handball-Stammbaum zurück?
Kay Smits: Das geht nur zurück bis zu meinen Eltern. Meine Mutter fing zusammen mit ihrer Schwester an, Handball zu spielen. Mein Vater war der einzige in seiner Familie. Wir Kinder haben es alle in die niederländischen Nationalteams geschafft. Mein Bruder Jorn spielt jetzt für Lemvig in der ersten dänischen Liga. Meine Schwester Inger wurde deutsche Meisterin mit Bietigheim.

Wie ist es eigentlich, wenn ihr euch alle trifft? Wie viel Prozent der Gespräche drehen sich um Handball?
Kay Smits: Handball ist natürlich immer ein Thema, da der Handball nicht nur unser Job ist, sondern ein großer Teil unseres Lebens. Wir genießen es aber auch, mal nicht über Handball zu sprechen. Dann geht es um alles oder nichts.

Wie ist es überhaupt um den niederländischen Handball bestellt? Kommst du aus einer Handball-Hochburg?
Kay Smits: In der Provinz Limburg, im Süden der Niederlande, ist Handball relativ populär. An den Schulen gibt es Schulmannschaften und in der Region mehrere Vereine. Mit V & L Galeen gab es schon einen Erstligisten, als ich Kind war. Als ich dann selbst in den niederländischen Männerhandball einstieg, hatte dieser Verein mit zwei anderen Klubs zu den Limburg Lions fusioniert. Ein Erstligist war damit weiterhin vor Ort. Wenn man Talent hat, spielt man schon mit 17 oder 18 Jahren erstklassig. Wenn man dann auf ein noch höheres Niveau kommen möchte, sollte man frühzeitig ins Ausland wechseln. Ich ging schon mit 19 Jahren zum Zweitligisten Wilhelmshavener HV, dann nach Dänemark zu Team Tvis Holstebro. Die Betreuung in den großen Handball-Nationen ist professioneller als in den Niederlanden. Das Training ist intensiver. Es wird mehr darauf geachtet, den Körper und die Ernährung auf die Belastungen im Profi-Sport auszurichten. Und die Philosophie der Vereine kennt größere Ziele.

Vor rund einem Jahr wurde dein Wechsel zur SG bekanntgegeben. Wie kam der Kontakt zur SG zu Stande? Und welche Faktoren spielten für deinen Wechsel eine Rolle?
Kay Smits: Zunächst sprachen Co-Trainer Mark Bult und mein Berater miteinander. Wir kannten uns alle, so war der Kontakt schnell hergestellt. Bald kam der damalige Chefcoach Maik Machulla zu den Gesprächen dazu. Für mich war entscheidend, dass die SG mir eine Rolle bieten konnte, die in Magdeburg nicht möglich war. Dort war Omar Ingi Magnusson die Nummer eins im rechten Rückraum, und ich musste mich mit relativ wenigen Spielanteilen begnügen. Bei der SG sahen die Perspektiven ganz anders aus.

Da war noch nicht zu ahnen, dass du als bester Torschütze mit dem SC Magdeburg die EHF Champions League gewinnen würdest.
Kay Smits: Anfang Februar, als Omar Ingi Magnusson verletzt von der Weltmeisterschaft zurückkehrte, hatte sich alles um 180 Grad gedreht. Ich hatte plötzlich viel Verantwortung und stand sehr viel auf dem Spielfeld. Es war aber auch klar, dass es wieder anders aussehen würde, wenn wieder alle Spieler fit sein würden.

Wie war es vor wenigen Wochen, nach Magdeburg zurückzukehren?
Kay Smits: Zu seinem letzten Verein hat man immer ein besonderes Gefühl. Wenn ich jetzt Spiele vom SCM sehe, ist es schon etwas merkwürdig. Man sieht nun die Spieler aus der Ferne, mit denen man die letzten beiden Jahre zusammen gespielt und täglich gearbeitet hat. Als ich Anfang September für das eine Spiel in Magdeburg war, war es anfangs komisch – auch weil es so früh in der Saison war und nur zwei Monate vergangen waren, dass ich beim SCM ein Leistungsträger war.

Du hast auch schon in Dänemark gespielt. Wie gefiel es ihr dir beim Team Tvis Holstebro? Und wie erging es dir mit der dänischen Sprache?
Kay Smits: Zunächst hat man viel verstanden, mit dem Sprechen hat es allerdings etwas gedauert. So sechs Monate würde ich sagen. Ich war allerdings auch von Anfang gefordert. Alle anderen Spieler, die nicht aus Dänemark stammten, waren Isländer, Schweden oder Finnen. Und auch sie sprachen Dänisch. Um nicht das Gefühl zu haben, nicht dazuzugehören, wollte ich schnell Dänisch lernen. Es war eine schöne Zeit. Ich lernte viele nette Leute kennen – und vor allem meine Freundin.

Sprichst du bei der SG, bei der sieben Dänen spielen, manchmal Dänisch?
Kay Smits: Der Fokus liegt auf der Mannschaft, und da ist Deutsch die erste Sprache. Aber gerade mit den Neuzugängen, die da noch etwas Unterstützung benötigen, rede ich – wenn wir unter uns im ganz kleinen Kreis sind – auch mal Dänisch. In der größeren Gruppe wählen wir eher Englisch, wenn wir mit Deutsch an die Grenzen stoßen.

Was machst du in deiner Freizeit am liebsten?
Kay Smits: Wenn ich einen richtig freien Tag habe, dann fahre ich zu meiner Freundin nach Aarhus – das sind eine Stunde und 45 Minuten. Oder zu meinem Bruder nach Holstebro – das ist etwas weiter. Ich spiel gerne Golf, wenn es das Wetter zulässt. Bei hoher Spielbelastung mag ich es am liebsten völlig entspannt. Ich koche etwas, höre Musik oder schaue mir eine Serie an.

Zum Abschluss etwas zur LIQUI MOLY HBL: Wie schätzt du diese Saison ein?
Kay Smits: Das wird eine enge Saison. Ich denke, es lässt sich kein klarer Favorit auf die Meisterschaft benennen. Es wird eher – wie in der letzten Saison – ein Kreis von fünf Teams sein, die in Frage kommen. Es wird spannend, zumal Verletzungen die Ausgangslage jeder Zeit verändern könnten.