Fünf ereignisreiche Jahre

- Im Portrait: Simon Hald

Die Schallmauer von 200 Einsätzen hat Simon Hald in den fünf Jahren bei der SG Flensburg-Handewitt locker geknackt. Wie es aussieht, waren es für den Kreisläufer die einzigen Jahre seiner Karriere außerhalb von Dänemark. Denn nun geht es für den 29-jährigen zurück in die Heimat Aalborg – mit vielfältigen Flensburger Erinnerungen.

Das Gespräch beginnt mit einer Gretchenfrage: Handelt es sich um einen Wechsel oder eine Rückkehr? Simon Hald muss gar nicht lange überlegen und entscheidet sich für die Antwort „Rückkehr“. Ab Juli heißt sein Arbeitgeber wieder Aalborg Handbold. Diesem Klub hatte er sich schon im Alter von 15 Jahren angeschlossen und schaffte dort den Sprung zu den Männern und schließlich ins Nationalteam. Und um das Heimatgefühl zu komplettieren: Simon Hald stammt auch aus Nordjütland. Er wuchs in Növling, einem Vorort von Aalborg, auf und fing dort auch mit dem Handball an. Freunde hatten ihn damals zum Training mitgeschleppt.

Umzug nach Nordjütland
Simon hald hat sich zusammen mit seiner Freundin im Norden Dänemarks ein Haus gekauft. Den Schlüssel erhalten sie Ende Juli. Schon vorher sollen viele Habseligkeiten gen Aalborg wandern. „Den Umzug machen wir ganz in Ruhe“, sagt Simon Hald. Der Däne scheint sich langfristig in seiner Heimat einrichten zu wollen, der neue Kontrakt wurde gleich auf fünf Jahre abgeschlossen. Reizt nicht irgendwann doch noch einmal eine Auslandsstation? „Man weiß ja nie, aber es sieht nicht so aus“, sagt der Profi-Handballer. „Wenn der kommende Vertrag ausläuft, bin ich bereits 33 Jahre. Ich hoffe, dass ich noch mit 38 Jahren spielen kann, aber was mein Körper dazu sagen wird, das wissen wir jetzt noch nicht.“ Gut möglich, dass Simon Hald letztendlich nur einmal in seiner langen Laufbahn die heimische Scholle verlassen haben wird. Nämlich 2018 gen Flensburg. „Ich spiele nun bei einem europäischen Top-Team, das ich oft im Fernsehen gesehen habe“, strahlte er kurz nach der Ankunft. „Die SG ist ein Verein, der aufgrund seiner dänischen und skandinavischen Ausrichtung auch viele Freunde in meinem Heimatland hat.“ Der über zwei Meter große Kreisläufer kam damals zusammen mit Johannes Golla. Abwehrchef Tobias Karlsson ging in sein letztes Jahr. Simon Hald war wegen seiner Größe sehr bald eine feste Konstante im Mittelblock und die zweite Kraft am Kreis.

Auf Anhieb Meister
Unvergessen die erste Saison, die für einen Neuzugang sensationell viele neue Eindrücke brachte. „Wenn man in ein neues Land und in eine neue Stadt kommt, dann wird man mit so vielen Dingen konfrontiert“, erinnert er sich. „Zum Glück war es einfach, in die Mannschaften integriert zu werden, und noch einfacher war es, als ich auch die deutsche Sprache verstand.“ Die Serie 2018/19 war eine einzigartige Siegesserie. Die SG gewann in Düsseldorf die deutsche Meisterschaft und feierte mit den Fans im Deutschen Haus und auf dem Südermarkt. Nach dem Super Cup wenige Wochen später – wieder in Düsseldorf – folgte allerdings kein weiterer Titel mehr. Es hätten gut ein oder sogar zwei Meisterschaften mehr sein können. Als „Ausgleich“ wurde Simon Hald gleich drei Mal mit Dänemark Weltmeister. 2019 trug das Heimpublikum die dänischen Handballer zu Gold. Zwei Jahre später bewiesen sie in der Corona-Blase von Ägypten die größte mentale Stärke. Und im Januar vollendeten die Dänen ihren WM-Hattrick in Stockholm. „Drei Mal in Folge Weltmeister – das ist schon etwas Besonderes“, konnte Simon Hald für seine Vita notieren.

Verletzung und Tief
Eine Profi-Laufbahn verläuft allerdings nicht ohne Tiefpunkte. Das musste auch der Kreisläufer erfahren, als er sich im Herbst 2019 – ausgerechnet in Aalborg – das Kreuzband im linken Knie riss. Statt Spielfeld stand plötzlich die Reha im Vordergrund. Eine Phase, die in den Corona-Lockdown überging und durch diesen noch erschwert wurde. Die gut bestückten Fitness-Studios und Krafträume waren plötzlich geschlossen. Simon Hald musste sich in den eigenen vier Wänden mit einem etwas überschaubaren Gerätepark begnügen. „Wegen Corona dauert es für mich wohl etwas länger als sonst nach einem Kreuzbandriss“, glaubt Simon Hald. Er schaffte das Comeback und streut seither ein paar spezielle Übungen ein, um eine ähnliche Verletzung für die Zukunft möglichst vorzubeugen. Auch die letzte Saison vermasselte die Bilanz. „Ich wollte mich so gut wie möglich verabschieden und mindestens einen Titel gewinnen“, erklärt der 29-Jährige. „Es nervt mich, wie es gelaufen ist – und dann auch noch das Drumherum mit dem Trainerwechsel.“ Zum zweiten Mal in Folge verpasste die SG die Qualifikation zur EHF Champions League. Dabei war die europäische Königsklasse einst ein Argument gewesen, nach Flensburg zu wechseln. „Mit Aalborg spielte ich drei Mal in der Champions League, jedes Mal waren wir der Underdog“, erklärt Simon Hald. „Mit der SG war man zu 90 Prozent zumindest ebenbürtig, oft sogar der Favorit.“

Vieles ist anders
Inzwischen hat sich in Aalborg ein europäisches Topteam etabliert. Zwar kehrt Spielmacher Aron Palmarsson zurück nach Island, dafür wurde aber mit Torwart Niklas Landin ein anderer Hochkaräter an Land gezogen. Simon Hald kann in seiner Heimat auf höchstem Niveau spielen, hat gleichzeitig in seiner Freizeit mehr Zeit, Familie und Freunde zu treffen. Der Reisestress reduziert sich. „Es ist toll, in Deutschland zu spielen“, sagt der Handballer. „Es ist aber auch ein großes Land, sodass man viele Stunden in Hotels und Bussen verbringt. Letztendlich bleibt weniger Zeit für Regeneration und auch für das Training.“ 

In Flensburg wohlgefühlt
Simon Hald mag es „hyggelig“. Gemütlich, wie die Dänen sagen. Der Kreisläufer wohnte auf Duburg. Von dort ging es schnell die Toosbüystraße hinunter, und man war am Nordermarkt oder am Hafen. Eine willkommene Ruhe als Ausgleich zur Stimmung in der Campushalle. „So etwas kriegt man nicht in vielen Hallen“, sagt Simon Hald. „Ich werde auch viele Mannschaftskameraden vermissen, es sind Freundschaften entstanden.“ Nach einer kurzen Pause ergänzt er: „Einige von ihnen werde ich ja in der dänischen Nationalmannschaft wiedersehen.“