Walter Schubert fährt immer noch gerne nach Schleswig-Holstein. Es war im Februar 2020, dass er letztmals die FLENS-ARENA besuchte und ein Spiel der SG verfolgte. „Handball findet heutzutage nicht nur in größeren Hallen statt, er ist im Vergleich zu damals auch viel athletischer und professioneller geworden”, beobachtete er bei seiner Stippvisite im Norden. Damals – das war zwischen 1991 und 1993, als Walter Schubert für die SG auflief und mit ihr in die Bundesliga aufstieg. Als Spielmacher hatte er eine sehr gute Technik und legte auch mal einen Kempa-Trick für Linksaußen Holger Schneider auf. Doch die Dynamik und das Tempo waren mit heute nicht zu vergleichen. Das kann auch der damalige Teamkollege Rainer Cordes bestätigen. „Von der schnellen Mitte war noch gar nicht die Rede“, erzählt er. „Nach einem Angriff konnte man in aller Ruhe zur Bank laufen und mit dem Abwehrspieler wechseln.” Es waren andere Zeiten. Damals genügte ein Etat von umgerechnet 800.000 Euro, um im Handball-Oberhaus mitzuspielen. Mit einer solchen Summe müssen heutzutage Top-Vereine der 3. Liga planen, die Bundesliga ist längst eine Millionen-Angelegenheit. Die SG hatte damals keine Geschäftsstelle. Stattdessen pflegten Vereinsvorstand und Spieler den Kontakt beim Training oder bei Gesprächen in den Sportheimen der Stammvereine.
Es herrschte ein Halbprofitum
Wenn es darum ging, neue Spieler zu verpflichten, wurde in der Regel die berufliche Option gezogen. Denn von einem Beruf „Handballer“ konnte kaum die Rede sein, es herrschte ein Halbprofitum. „Nach sieben Jahren in Düsseldorf wollte ich noch einmal etwas anderes erleben – und da zeigte mir die SG gute Möglichkeiten auf”, erinnert sich Walter Schubert. Er arbeitete halbtags bei einem Technologie-Unternehmen in Flensburg. Rainer Cordes baute sein Grafik-Unternehmen auf, das noch immer das Vereinsheft KONTER produziert. Das damalige Pensum schildert Peter Leidreiter, der zwischen 1992 und 1998 dem SG Kader angehörte: „Ich arbeitete 20 bis 30 Stunden bei einem Sponsor als Projektleiter und Programmierer. Dazu trainierte ich jeden Abend und teilweise an zwei Vormittagen. Für Auswärtsspiele nahm ich Urlaub, wobei ich für ein Trainingslager oder die Spiele unter der Woche Sondertage bekam.“ Ähnlich verlief die Woche bei vielen Teamkameraden.
Der einzige Profi war Zimmermann
Eine Ausnahme bildete der „Ausländer“. Die Bundesligisten durften damals nur einen Handballer unter Vertrag nehmen, der nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besaß. Bei der SG war das der dänische Linkshänder Jan Eiberg „Faxe“ Jörgensen, der sich voll auf den Sport konzentrierte. Als gelernter Zimmermann packte er aber gerne mit an. „Ich erinnere mich an einen Umzug, bei dem Faxe einen Holzschrank allein in einer halben Stunde aufgebaut hatte, wozu wir mindestens einen halben Tag gebraucht hätten“, erzählt Dierk Schmäschke. Er selbst befand sich vor drei Dekaden im Spätabend seiner Karriere und kümmerte sich immer mehr um organisatorische Dinge und wuchs allmählich in die Aufgabe des SG Geschäftsführers hinein.