Einfach cool!

- Abschied von Hampus Wanne

Er kam 2013 als junger, unbekannter schwedischer Handballer zur SG Flensburg-Handewitt. Inzwischen gehört Hampus Wanne auf der Linksaußen-Position zur absoluten Weltklasse. Allein für die SG erzielte er in 322 Pflichtspielen exakt 1204/343 Tore. Für diese Bilanz gibt es nur eine Bewertung: einfach cool!

Hampus Wanne hat weit mehr Treffer aus dem Spiel erzielt, doch wohl kaum jemand hat die beiden Siebenmeter vergessen, die inzwischen sieben und acht Jahre zurückliegen, aber ganz unmittelbar mit zwei Titelgewinnen zusammenstehen. Es war der 31. Mai 2014, als die SG im Halbfinale der EHF Champions League gegen den klar favorisierten FC Barcelona einen Sechs-Tore-Rückstand aufholte und völlig unerwartet bis ins Siebenmeterwerfen kam. Der Außenseiter lag plötzlich im Vorteil, und Hampus Wanne hatte es in der Hand, mit seinem Siebenmeter für die Entscheidung zu sorgen. Der damals erst 20-jährige Schwede täuschte an und legte den Ball über den Kopf von Barca-Keeper Danijel Saric. Rotzfrech, aber drin! „Ich war so jung und hatte gar nicht richtig verstanden, wie groß das alles für die SG, ja für ganz Handball-Deutschland war“, erzählt er heute. „Hätte ich es gewusst, hätte ich nie einen so frechen Wurf gewagt.“ Genau weiß er, was dann folgte: ein epochaler Jubel. „Als ich meine Mitspieler in Sekunden-Bruchteilen auf mich zu stürzen sah“, verrät er, „da musste ich erst einmal meinen Bauch und Rücken etwas festigen, da ich eine Blessur am Wirbel hatte.“ Am nächsten Tag sollte ja auch noch das Endspiel bestritten werden, das – alle wissen es – im „Coup von Köln“ mündete.

Der nächste Coup
Ein Jahr später war Hampus Wanne besser auf die Situation vorbereitet, als er im DHB-Pokal erneut zur Entscheidung antreten musste: Siebenmeterwerfen gegen den SC Magdeburg. Der Schütze hielt dem Druck stand, verwandelte und wurde als „König Hampus“ gekrönt. „Ich bin stolz“, sagt er, „dass man mir diesen Teil der SG Geschichte nie mehr wegnehmen kann.“ Nun ist auch seine Person ein Teil der SG Historie und nicht mehr der Gegenwart. In den Tagen vor seiner Verabschiedung ließ Hampus Wanne einen kleinen Einblick in seine Seele zu. „Es ist alles schwer zu erklären, noch fühlt es sich wie Alltag an“, sagte er da. „Aber ich bin mir sicher, dass es sich komisch anfühlen wird, wenn die Vorbereitung in Flensburg wieder anläuft und ich nicht dabei sein werde.“

Schwerer Abschied
Sein Ex-Klub und dessen Umfeld haben ihm den Abschied gewiss schwer gemacht. Die Choreographie der Fans mit dem Konterfei von Hampus Wanne im Mittelpunkt hinterließ Eindruck. „Ich hatte zunächst gar nicht verstanden, dass ich abgebildet war“, erzählt er. „Dann war ich nur überrascht, da ich nie erwartet hätte, dass ein Bild von mir auf der ganzen Nordtribüne erscheinen würde. Diesen Anblick habe ich für mein restliches Leben abgespeichert.“ Wehmut war gewiss dabei, als der Linksaußen vor Kurzem seine Zelte in Flensburg abbrach. An seiner Entscheidung, die SG kurz vor dem Legenden-Status zu verlassen, zweifelte er aber nicht. „Es ist der richtige Zeitpunkt für mich, etwas anderes zu probieren“, stellt Hampus Wanne klar. „Ich wollte mir und allen anderen immer beweisen, dass ich auf einem hohen Niveau spielen kann – und das am liebsten als ein Teil der SG. Nun habe ich hier alles erreicht, was ich wollte. Ich bin richtig stolz auf meine persönliche Leistung und die der Mannschaft.“ Ausgerechnet in seiner letzten Saison verpasste die SG mit ihm erstmals die EHF Champions League. Dennoch kann er seine Gesamtbilanz auf ein einziges Wort komprimieren: „Cool!“ Einfach cool!

Emotionale Titel
Insgesamt sechs Mal errang Hampus Wanne mit der SG einen Titel. Jeder erzeugte seine eigene Emotionalität, sodass sich nur schwer eine persönliche Hitliste erstellen lässt. Zwei Mal waren die erwähnten Siebenmeter, die die SG ins Glück warfen. Bei der Meisterschaft 2018 überwogen die Erleichterung und die Euphorie, es endlich geschafft zu haben. Ein Jahr später erfüllten die Titelverteidigung und die Rekordausbeute die SG mit großem Stolz. Daneben gab es immer die persönlichen Aspekte. Hampus Wanne: „Ich habe nun Freunde und Kumpel in ganz Europa, da ich weiterhin Kontakt mit vielen ehemaligen Teamkollegen der SG pflege.“

Ohne Jim Gottfridsson
Jetzt hat er auch viele Freunde in seiner Ex-Wahlheimat Flensburg. Vor allem Jim Gottfridsson, Landsmann und Zimmergenosse bei den Auswärtsspielen. „Für ihn wird es nun schwer, was soll er nur ohne mich machen?“, schmunzelt Hampus Wanne. „Wir teilen sehr viele gemeinsame Erinnerungen und werden uns weiterhin oft treffen – in der Nationalmannschaft und in Schweden.“ Nun weilt der 28-Jährige im Urlaub. „Ich möchte es entspannt haben“, sagt er. „In den letzten beiden Jahren waren sehr viel Handball und so große Wettkämpfe, dass ich einfach eine Pause brauche.“