SG Coach Maik Machulla hatte ein Novum in der Vereinsgeschichte zu verwalten: Sonst war maximal ein Torhüter vor einer Saison auszutauschen, nun erstmals ein komplettes Gespann. Der Bosnier Benjamin Buric (Wetzlar) und der Norweger Torbjørn Bergerud (Holstebro) bildeten das neue Keeper-Duo, das eine große Bandbreite an Qualitäten versprach. Linksaußen Magnus Jøndal (GOG) stieg volle Kraft in die Vorbereitung ein und bewegte sich relativ schnell mit Platzhirsch Hampus Wanne auf Augenhöhe. Viel Arbeit musste in die Defensive gesteckt werden. Die beiden neuen großgewachsenen Kreisläufer Simon Hald (Aalborg) und Johannes Golla (Melsungen) galten naturgemäß als heiße Kandidaten für den Mittelblock. Abwehrchef Tobias Karlsson war als Bindeglied zwischen Deckung und neuen Torhütern besonders gefordert. Gøran Johannessen (GOG), der sechste Neuzugang, entwickelte sich zum Pechvogel. Zunächst musste der norwegische Spielmacher am Sprunggelenk operiert werden, dann brach er sich bei einem Autounfall die Nase. Er fiel bis Oktober aus.
Ein Traumstart
Das neue Kollektiv musste sich erst einmal finden. Die Vorbereitung brachte zum Teil ernüchternde Ergebnisse. Beim Super Cup startete die SG als deutscher Meister, musste den Pokalsieger, die Rhein-Neckar Löwen in der zweiten Hälfte ziehen lassen. Beim Bundesliga-Auftakt in Minden brachte die SG die Punkte mit Mühe nach Hause. Das Wiedersehen mit Göppingen nur drei Monate nach dem Meisterschafts-Showdown sorgte für ein erstes Ausrufezeichen. Beim 26:15-Erfolg arbeiteten die 6:0-Deckung und Benjamin Buric erstmals phänomenal zusammen. Dann der erste Paukenschlag: Die Nordlichter drehten in Berlin in der zweiten Hälfte auf und schlugen einen der vermeintlichen Titelkandidaten deutlich mit 30:25. Der Top-Favorit wartete am 8. September 2018. Das 1000. Bundesliga-Spiel seit 1984 war gleichzeitig ein Landesderby. Der THW Kiel hatte lange Zeit durchaus Vorteile. Mit der Einwechslung des jungen Kreisläufers Johannes Golla in den Mittelblock stabilisierte sich die Abwehr, die SG zauberte eine Vierer-Serie zum 21:17 auf die Platte. Dieser Vorsprung reichte: Nach dem 26:25 feierte die „Hölle Nord“ den Traumstart von 8:0 Punkten.
Ein interner Startrekord
Dank des neuen dänischen Trikotsponsors „Danfoss“ konnte ab sofort eine Chartermaschine vom Flugplatz Sonderborg eingesetzt werden. Die Premiere in Nantes endete mit einem furiosen 34:31-Erfolg, bei dem Magnus Rød mit acht Treffern zum Matchwinner avancierte. Der junge norwegische Linkshänder wurde immer stärker. Allerdings trübten schnell zwei Pleiten die Bilanz in der Champions League: In Celje erwies sich die Chancenverwertung als zu schlampig, gegen Zagreb hatte die Abwehr große Probleme gegen die konsequente Taktik der Kroaten mit sieben Feldspielern. In der Bundesliga bewahrten Glück und Nervenstärke die SG vor ersten Punktverlusten. Gegen Hannover verwandelte Hampus Wanne einen von Lasse Svan eingeleiteten Kempa-Trick zum 29:28. In Erlangen spielten die Gäste die letzte Minute clever herunter und retteten ein 27:26 über die Runden. In Leipzig sicherte ein Block der Abwehr den 21:20-Sieg. Perfekt war der vereinsinterne Startrekord von 20:0 Punkten.
Revanche gegen Magdeburg
Hochdramatisch ging es auch im Achtelfinale des DHB-Pokals zu. 5300 Zuschauer bangten mit ihren Jungs, weil der SC Magdeburg schon mit vier Toren vorne lag, hofften, weil der Ausgleich glückte, rauften sich die Haare, als Jim Gottfridsson die Führung verpasste und waren enttäuscht, als die 28:31-Niederlage besiegelt war. „Wir werden in Ruhe analysieren, woran es gelegen hat – und dann wieder aufstehen“, kündigte Maik Machulla an. Die Analyse war viel Wert, denn nur 15 Tage später tauchten die Magdeburger erneut in der „Hölle Nord“ auf und wollten auch zwei Bundesliga-Punkte entführen. Die SG rettete ein 26:25 über die Ziellinie. In der Bundesliga lief weiterhin alles rund. Die Rhein-Neckar Löwen drückte die SG in der zweiten Hälfte auf nur sechs Treffer. Das 27:20 war die beste Referenz für die 6:0-Defensive. Als Alternative funktionierte inzwischen eine 5:1-Formation mit Rasmus Lauge als Spitze. Gegen den Bergischen HC reparierte die SG einen 2:6-Fehlstart nach 17 Minuten und feierte erst als dritter Klub nach dem TBV Lemgo (2002/3) und dem THW Kiel (2011/12) eine makellose Hinrunde. Mit 38:0 Punkten schloss das Kalenderjahr. „Manchmal muss ich mich selbst kneifen angesichts der Top-Leistungen, die meine Mannschaft Woche für Woche abliefert“, bilanzierte Maik Machulla. „Die Ausgangssituation ist sicherlich so: Wir können Meister werden, der THW Kiel mit seinem Kader muss es werden.“ Die Konkurrenz aus der Landeshauptstadt lag nur vier Punkte zurück und hatte das bessere Torverhältnis.