Die letzten Tage der Serie 2020/21 waren eine Berg- und Talfahrt für die SG – erst recht für Jim Gottfridsson. Bis Mitte Juni strotzte der Schwede vor Zuversicht, dann hatte er das Gefühl, mit einem Fehlpass gegen die Füchse Berlin die „Meisterschaft weggeworfen zu haben“. Dann Nürnberg: Das Rückraumass bewahrte mit einem Kuller-Tor aus dem Schleichgang den Traum vom Titel, der dann erst nach dem letzten Spiel erlosch. Am Bildschirm. Im Fernduell gegen den THW Kiel fehlte nur ein Treffer der Rhein-Neckar Löwen. Unfassbar! Da waren auch die Titel von 2018 und 2019 kein Trostpflaster. „Genießen und Zurückschauen – das macht man, wenn man satt ist oder am Ende seiner Karriere“, sagt er. „Ich wollte unbedingt die dritte Meisterschaft“. Die Performance war da, das letzte Quäntchen Glück nicht.
Wenige Ruhepausen im Handball-Marathon
Szenenwechsel: Etwa zwei Wochen vor dem Showdown in der LIQUI MOLY HBL sitzt Jim Gottfridsson an der Ostsee in Glücksburg, beschlagnahmt vor dem Strand-Bistro „Sandwig“ einen Liegestuhl. „Man ist ja wirklich zu wenig hier“, stellt er fest. „Ich liebe das Wasser und bekomme Heimatgefühle.“ Der 28-Jährige stammt aus der südschwedischen Küstenstadt Ystad und genießt die Ruhepause inmitten seines Handball-Marathons, der für ihn in allen Partien der SG einen Einsatz auf dem Spielfeld vorsah. „Hätte mir jemand Anfang September im Trainingslager von Juelsminde gesagt, dass es so sein würde, dann hätte ich es nicht für möglich gehalten“, schüttelt der Dauerbrenner ein wenig ungläubig mit dem Kopf. Damals lagen der Spielplan einer aufgestockten LIQUI MOLY HBL, die Reisestrapazen einer EHF Champions League, die Weltmeisterschaft und mehrere Länderspiele vor ihm. Und eine weitere Frage beschäftigte Jim Gottfridsson: „Wie würde es werden mit so einem breiten Kader?“ Schließlich hatte sich die SG mit Mads Mensah, Franz Semper und Lasse Møller im Rückraum so gut verstärkt, dass wohl jedem Mal eine schöpferische Pause gegönnt sein konnte. Doch zahlreiche Verletzungen forderten die einsatzfähigen Akteure immer mehr, reizten deren Akkus bis zum Maximum aus. Was wäre wohl gewesen, wenn die SG in der EHF Champions League das Viertelfinale überstanden und zusätzlich im Juni noch ein Wochenende in Köln erlebt hätte?