Der routinierte Kreisläufer Michael Knudsen stand nach neun, der verlässliche Ersatzkeeper Søren Rasmussen nach vier Jahren nicht mehr zur Verfügung. Und Steffen Weinhold wechselte zum THW Kiel. Die hinterlassenen Lücken mussten mit eher unerfahrenen Akteuren gestopft werden. Der neue Linkshänder Johan Jakobsson brachte aus Aalborg zumindest internationale Erfahrung mit. Die Bundesliga war für den Schweden aber ebenso Neuland wie für drei junge Dänen: Während sich Torwart Kevin Møller und Kreisläufer Anders Zachariassen als passende Bausteine erweisen sollten, verabschiedete sich Rückraumakteur Kasper Kisum nach wenigen Wochen. Wie ein Neuzugang fühlte sich Lars Kaufmann. Der Halblinke war nach drei Knie-Operationen über eine ganze Saison zum Zuschauen verurteilt gewesen. Der neue Pechvogel hieß Jim Gottfridsson. Ein Ermüdungsbruch am Fuß machte ihm so schwer zu schaffen, dass er monatelang fehlte. Und das in einer Saison, die das Rekord-Pensum von 58 Pflichtspielen aufwarf. Die unerwartete Aufstockung der Bundesliga auf 19 Vereine – als Folge der verspäteten Lizenz-Erteilung für den HSV Hamburg – war ein Grund für die Terminflut. Ein anderer lag in der erstmaligen Teilnahme am IHF Super Globe. In Katar erreichte die SG den dritten Platz.
Fehlzündungen vor einem „goldenen“ Oktober
Danach waren zwölf Tage Zeit, sich von der Reise und dem strapaziösen Wüstenklima zu erholen. Es gelang nicht, den Schalter sofort wieder umzulegen. In Magdeburg lag die SG schnell mit 3:11 zurück. Erst nach gut 20 Minuten war ein Aufbäumen zu spüren. Es kam zu spät. Auch in Kolding, beim Auftakt der Champions League, rieben sich die 300 mitgereisten Fans die Augen. 21:35 – der Titelverteidiger kassierte eine herbe 14-Tore-Klatsche. Kapitän Tobias Karlsson trottete enttäuscht in die Kabine. „Wir als Team haben viel Arbeit vor uns“, sagte er. Offensichtlich erbrachten Selbstkritik und Bestandsaufnahme die richtigen Ergebnisse. Es folgte ein „goldener Oktober“ mit einer makellosen Bilanz von acht Siegen in acht Spielen. So fühlte sich die SG auch für das Spitzenspiel gegen Bundesliga-Tabellenführer Rhein-Neckar Löwen, das den grauen November eröffnete, gerüstet.
Zunächst jubelte die „Hölle Nord“: Die Hausherren dominierten mit einem robusten Deckungsspiel. Allerdings schied Tobias Karlsson bereits nach knapp 26 Minuten mit seiner dritten Hinausstellung aus. Die SG blieb trotzdem vorn. Erst als die Badener auf eine offensive Abwehr umstellten, störten sie die Wirkungskreise von Thomas Mogensen entscheidend. Die 26:29-Niederlage nahm ihren Lauf.
Der erste Interkontinental-Transfer der SG
Dagegen untermauerte das 80. Landesderby den Trend einer aufstrebenden SG. Die Spieler tanzten nach dem 26:22-Sieg. „Die Nummer eins im Land sind wir“, sangen die Fans. Ihre Lieblinge lagen nach der furiosen Leistung nur einen Zähler hinter Kiel und den Rhein-Neckar Löwen. Dann sank die Stimmung. Allmählich sprach sich herum: Holger Glandorf hatte sich die Achillessehne des rechten Beines gerissen. Da Johan Jakobsson, der zweite Linkshänder, an einer Blessur im Bereich der Adduktoren laborierte, leiteten die Verantwortlichen für den rechten Rückraum einen Blitztransfer ein: Der Schwede Albin Tingsvall trainierte nur zwei Mal mit der SG und absolvierte die beiden Weihnachtsspiele. Mit ihm rettete der Tabellendritte einen Punkt in Melsungen. Für die Rückrunde bedurfte es einer längerfristigen Lösung. Ljubomir Vranjes weilte als TV-Experte bei der Weltmeisterschaft in Katar, observierte den Spielermarkt und hatte bald einen Favoriten: Ahmed Elahmar. Die SG vollzog den ersten Interkontinental-Transfer ihrer Vereinsgeschichte und nahm den Ägypter unter Vertrag. Da Jacob Heinl aufgrund von Rückenbeschwerden, ausgelöst durch eine Virus-Erkrankung, auf unbestimmte Zeit pausieren musste, wurde die SG nochmals tätig und holte den 25-jährigen Jakob Macke vom Zweitligisten Hamm für die Abwehr.
Mit dem letzten Aufgebot ins Final Four
Die Sorgen wurden nicht weniger. Bei der ersten Bewährungsprobe des neuen Jahres gegen Magdeburg musste zunächst Lasse Svan wegen einer Zerrung passen, dann erwischte es auch Thomas Mogensen. Die frisch erlittene Blessur im Hüftbereich ließ keinen Einsatz mehr zu. Ohne ihren Angriffsmotor wirkte die SG kopflos. Die erste Heimniederlage der Bundesliga-Saison war perfekt. Und fast stündlich erreichten den SG-Clan neue Hiobsbotschaften. Unter diesen Vorzeichen war das Prädikat „Spitzenspiel“ vor 12.000 Menschen in der Mannheimer SAP-Arena ein „Etikettenschwindel“. Arg ersatzgeschwächt hatten die Nordlichter keine Chance gegen die Rhein-Neckar Löwen. Vier Tage später meldeten sich zumindest Thomas Mogensen und Lasse Svan zurück. Mit den beiden Rückkehrern gewann die SG in Gummersbach und qualifizierte sich für das Final Four in Hamburg. Zu diesem Zeitpunkt war aber bereits klar, dass mit einer engen Personaldecke nicht mehr als Platz drei in der Bundesliga möglich war.