Das Gefühl eines Spieltags

- Stippvisite bei Lasse Møller

In den letzten Wochen hatte die SG Flensburg-Handewitt manchmal 16 Spieler beisammen. Dann war die Rede von der Bestbesetzung. Es gibt aber auch den Profi Nummer 17, der derzeit einer anderen Mission folgt: Lasse Møller. Er will zurück auf das Spielfeld, bringt viel Geduld auf und versprüht zunehmend bessere Stimmung – nicht nur wegen der herrlichen Frühlingssonne.

Die FLENS-ARENA ruft: Rund zwei Stunden vor Anpfiff treffen sich die Spieler. Auch Lasse Møller erscheint – obwohl er genau weiß, dass er nicht spielen wird. „Ich brauche das Gefühl der Vorbereitung“, betont der 25-jährige Däne. Er sitzt mit in der Kabine und genießt die Nähe zur Mannschaft – bis das Warmup endet und er auf der Tribüne Platz nimmt. Dann leidet er – gerade bei engen Spielständen. „Das ist nicht gut für meinen Blutdruck“, verrät der Handballer. „Wenn ich keine Kontrolle über das Geschehen habe, bin ich sehr nervös.“ 

Ein anderer Zeitplan
Wenn die Teamkameraden spielen, ist sein Arbeitstag bereits beendet. Lasse Møller ist am Vormittag und Nachmittag aktiv. Jeden Sonntagabend bekommt er sein Wochenprogramm von Michael Döring. Der Athletik-Trainer ist im beruflichen Alltag noch die Bezugsperson Nummer eins. In der Akademie oder im Förde-Fitness kräftigt der Rekonvaleszent seinen Körper. „Es geht besser und besser“, sagt Lasse Møller. Dabei streift er sich über das rechte Knie, wo vor rund einem Jahr ein Knorpelschaden festgestellt worden war.

Bald wieder im richtigen Training?
Zuversicht blitzt in seinen Augen, nachdenklich schiebt er nach: „Ich weiß, dass ich weiterhin viel Geduld aufbringen muss.“ Sein Ziel lautet: „Noch in dieser Saison möchte ich wieder mit den anderen trainieren.“ Und zwar so richtig, denn in der Duburghalle dabei ist er schon, um – wie er sagt – „ein Teil der Mannschaft sein“ und den „den Finger am Puls der Zeit“ zu haben. Lasse Møller sitzt auf dem Ergometer und verfolgt die Taktik-Vorbereitung der anderen. Er wirft etliche Bälle im Torwart-Training und vermeidet die Seitwärts-Bewegungen. Er liebt die persönliche Präsenz, spricht und scherzt mit den Kollegen, von denen er viele auch zu seinen Freunden zählt. Einer von ihnen ist Aaron Mensing. Den dänischen Landsmann hatte die SG im letzten Sommer verpflichtet, um ja keinen Druck auf Lasse Møller aufzubauen und ihm alle Zeit der Welt für sein Comeback zu lassen. Diese beiden Profis kennen sich aus der Jugend-Nationalmannschaft, verstehen sich bestens, aber darüber, dass der eine bei der SG ist, weil der andere verletzt ist, haben sie nie gesprochen. „Wir haben andere Themen“, schmunzelt Lasse Møller. „Neulich trafen wir uns, um gemeinsam zu essen – und dann schauten wir die dänische Version von X-Faktor.“ Zuletzt zog es die Handballer zum neuen Batman-Streifen nach Sonderborg ins Kino. „Da läuft der Film auf Englisch mit dänischen Untertiteln“, erklärt Lasse Møller den Abstecher ins Heimatland und sagt auf Deutsch: „Drei Stunden lang die deutsche Fassung traue ich mir noch nicht zu.“

Keine Auswärtsfahrten
Er verzichtet auf die Auswärtsreisen. „Wenn ich mitfahren würde, dann wäre ich ja manchmal drei Tage am Stück weg“, rechnet er vor. „Dann würden mir auf einen Schlag sechs Reha-Einheiten fehlen.“ Jetzt befeuert die Frühlingssonne seine Aktivität. „Man hat viel bessere Laune, an jeden Tag geht man ganz anders ran“, sagt der Leistungssportler. Und wenn ein paar Stunden frei sind, dann schlendert er gerne mit Freundin Ida durch die Norderstraße und nimmt in den zahlreichen Cafés Platz.

Ausflüge nach Dänemark
Sonntags geht es gerne nach Dänemark. Nach Holstebro, zur Familie seiner Freundin, oder nach Gudme, wo einst seine Karriere begann. In jenem 1000-Seelen-Dorf auf der Insel Fünen wuchs Lasse Møller auf. Handball-Kenner wissen: Diese Gemeinde ist eine der drei Keimzellen des dänischen Top-Klubs GOG. „In der Freizeit und an den Wochenenden dominierte bei mir immer der Handball”, erzählt der Rückraumspieler. Praktisch die gesamte Familie spielte. Das größte Talent hatte er. Mit einer Größe von zwei Metern erreichte er beste Voraussetzungen für eine Karriere. Bei GOG schaffte er den Sprung ins Männer-Team, erhielt die Einladungen für 30 Einsätze in der Junioren-Nationalmannschaft und für zwölf A-Länderspiele. Schließlich empfahl sich Lasse Møller für ein Engagement bei der SG und der LIQUI MOLY HBL. Er unterschrieb einen ab der Saison 2020/21 gültigen Kontrakt über drei Jahre. Schon bei seiner Ankunft versicherte er: „GOG werde ich immer im Herzen tragen.“ Wenn es die Zeit ermöglicht, schaut er bei seinen Ex-Kollegen vorbei.

Lange keine große Verletzung
In seiner Jugend und in seinen ersten Männer-Jahren hatte Lasse Møller nie eine größere Verletzung. Er verrät: „Die Blessur an der Hand verursachte die erste Operation.“ Das war im Herbst 2020. Kaum hatte er sein Comeback gefeiert, folgte das Pech mit dem Knorpelschaden. Warum trifft es ausgerechnet mich so hart? Eine Frage, die er sich anfangs auch stellte, aber inzwischen nicht mehr. „Ich denke an die Zukunft“, sagt Lasse Møller, „und ich hoffe, dass mein Anteil an Verletzungen für die nächsten zehn Jahre abgedeckt ist.“ Er möchte wieder für die SG spielen, und auch für das Danebrog-Team auflaufen. Im Januar verfolgte er die Europameisterschaft am TV-Apparat. Oft gemeinsam mit Magnus Rød und Gøran Søgard, den beiden damals verletzten Norwegern im SG Trikot. Eine besondere Dramaturgie entfachte die Begegnung zwischen Schweden und Norwegen. „Da musste ich natürlich für Norwegen sein“, schmunzelt Lasse Møller. „Eigentlich bin ich immer neutral – es sei denn Dänemark spielt.“ Es bleibt die Hoffnung, solch packende Partien schon bald wieder als aktiver Akteur zu erleben.