„Bereite mich immer hundertprozentig vor“

- Das Interview der Woche: August Pedersen

Bei der SG Flensburg-Handewitt ist jede Position doppelt besetzt. Auf Linksaußen steht August Pedersen meistens im Schatten von Emil Jakobsen, kann aber auch eine beeindruckende Sportler-Karriere vorweisen und gehört seit Sommer 2022 der SG an. Die Redaktion sprach mit dem 29-jährigen Norweger.

August, wann bist du vor einem Spiel in der Halle? Hast du besondere Rituale?
August Pedersen: Erst den linken und dann den rechten Schuh – solche Rituale habe ich nicht. Mir ist aber eine gute Vorbereitung wichtig. Das geht schon mit dem Essen vor einem Heimspiel los. Es gibt immer Hühnchen mit Reis. Und ich bin zeitig in der Halle. Johannes Golla ist immer der erste. Aber dann kommen schon Teitur Einarsson und ich. Wir wohnen im selben Haus und fahren deshalb zusammen. Vor einem Spiel sind mir die Abläufe wichtig. Dazu gehört auch etwas Fußball mit Kevin Møller und Aksel Horgen vor dem eigentlichen Warmup.

Bist du sehr nervös, wenn du in die Halle einläufst? 
August Pedersen: Ich bin inzwischen seit gut anderthalb Jahren bei der SG. Da ist man nicht mehr nervös. Ich verspüre Anspannung – und vor allem Vorfreude. Es ist etwas Besonderes, vor so vielen Zuschauern zu spielen.

Wie siehst du deine Rolle bei der SG?
August Pedersen: Ich wünsche mir natürlich, mehr zu spielen. Aber ich weiß um meine kleinere Rolle. Es wurde alles zum Anfang der Saison so besprochen. Ich fühle mich nicht als zweite Wahl und auch nicht als Konkurrenz. Wir sind ein Team, und ich spiele vor allem in der EHF European League, damit Emil Jakobsen seine Pausen bekommt. Ich brauche aber immer den Fokus, um auch kurzfristig der Mannschaft helfen zu können. Deshalb bereite ich mich immer hundertprozentig vor – egal ob ich in der Startaufstellung stehe oder nicht.

Was gefällt dir an Emil Jakobsen besonders gut?
August Pedersen: Besonders beeindruckend sind sein Repertoire und seine Coolness. Er hat so viele Varianten, dass es für einen Torwart unheimlich schwer ist, sich auf ihn vorzubereiten.

Macht ihr in der Freizeit häufiger etwas zusammen?
August Pedersen: Im Sommer spielen wir ab und an Golf in Glücksburg. Die Tage werden nun immer länger – und bald beginnt die neue Golf-Saison. Sonst trainieren wir viel und haben lange Auswärtsfahrten. Wir sehen uns daher fast täglich. Wir pflegen eine gute Zusammenarbeit. Ich habe seine Rückendeckung – und er meine.
Nach der letzten Saison gingen mit Magnus Rød und Gøran Søgard zwei Landsleute.

Mit Aksel Horgen kam dafür ein anderer Norweger. Hat das für dich eine Bedeutung?
August Pedersen: Es war am Anfang sehr angenehm, dass es zwei Landsleute gab, denen ich viele Dinge fragen konnte. Für mich war vieles neu, und ich konnte kein Deutsch. Aksel Horgen kenne ich schon länger. Die SG ist unsere dritte gemeinsame Station. Wir spielten schon in Haslum und in Bjerringbro-Silkeborg zusammen. Aksel ist ein guter Typ. Es ist einfach, ihn zu mögen.

Mit Aksel Horgen spielst du in der B-Auswahl der norwegischen Nationalmannschaft. Hast du noch Hoffnungen, irgendwann ein Großturnier zu bestreiten?
August Pedersen: Es ist eine Motivation, über die B-Auswahl den Weg in das A-Team zu finden. Diese Mannschaft ist ja dafür da, schon mal mit dem Spielsystem des Nationalteams und den Abläufen internationaler Begegnungen vertraut zu sein. Natürlich hoffe ich noch auf die Teilnahme an einem großen Turnier. Im letzten April hatte es immerhin mit zwei Länderspielen geklappt, als Alexander Blonz verletzt war. Er und Sebastian Barthold sind normaler Weise die Linksaußen im norwegischen Team. Für die Olympischen Spiele ist es noch schwieriger ins Aufgebot zu kommen, da dann nur 14 Plätze zur Verfügung stehen. Es ist aber toll, dass wir norwegischen Handballer zum insgesamt dritten Mal bei Olympischen Spielen dabei sind.

Was machst du in der Sommerpause?
August Pedersen: Ich werde direkt nach der Saison in meine Heimat zurückkehren. Ich besuche meine Familie und Kumpels, die ich nicht so oft sehe. Im Sommer ist es in Norwegen sehr schön, wir haben auch ein Ferienhaus. Im Winter, wenn es kalt ist und viel Schnee liegt, muss ich nicht unbedingt in Norwegen sein. Nach zwei Wochen in der Sommerpause werden meine Freundin und ich mit einem befreundeten Paar nach Marbella reisen.

Deine Freundin ist auch Handballerin. Wie oft seht ihr euch?
August Pedersen: Wir schaffen es, uns ein bis zwei Mal die Woche zu sehen. Wer von uns trainingsfrei hat, besucht den anderen. Mie ist die erste Saison in Deutschland und spielt beim Buxtehuder SV. Dorthin brauche ich etwa zweieinhalb Stunden. Man muss durch Hamburg durch, und oft ist viel Verkehr.

Erzähle uns etwas über Notodden, wo du geboren wurdest und mit dem Handball angefangen hast.
August Pedersen: Das ist eine kleine Stadt mit 12.000 Einwohnern, etwa zwei Stunden südwestlich von Oslo. Drumherum gibt es viele Berge, ich mag die Landschaft. Am ersten Wochenende im August gibt es immer ein bekanntes Blues-Festival. Da war ich lange nicht mehr, denn ich habe dann immer die Vorbereitung auf die neue Saison. Überhaupt wohne ich schon lange nicht mehr in Notodden. Ich war 16 Jahre, als ich wegen dem Handball nach Haslum zog. 

Die längste Zeit deiner Karriere warst du in Haslum. Gut fünf Jahre. War es als Teenager ein großer Sprung für dich?
August Pedersen: Ich war nur anderthalb Autostunden von meinen Eltern entfernt, es war aber nun alles anders. Ich wohnte plötzlich allein, musste mich um Essen und die schmutzige Wäsche kümmern. Meine Eltern schauten nur ein bis zwei Mal die Woche vorbei. An der Akademie von Haslum konnte ich den nächsten Schritt machen. Damals war dieser Klub in Norwegen führend. Dort spielten Erlend Mamelund und kurzfristig auch Sander Sagosen. Im Nachhinein sage ich: Der Wechsel nach Haslum war die beste Entscheidung, die ich in meinem Leben getroffen habe.

In deiner Laufbahn stehen auch Arendal, Bjerringbro-Silkeborg und Drammen. Wie kam es zu diesen häufigen Wechseln? Bist du ein Wandervogel?
August Pedersen: Nein, ganz bestimmt nicht. Lange Zeit gab es nur zwei Vereine für mich. Mein Heimatverein und Haslum. Dort war es dann so, dass es noch einen anderen Linksaußen gab und wir beide viel spielen wollten. Ich ging dann nach Arendal und konnte auf Linksaußen durchspielen. Es ist mir ganz wichtig: In meinen beiden Spielzeiten bei Arendal lagen wir vor Haslum. Dann hatte ich den Traum, noch einmal im Ausland zu spielen. Den erfüllte ich mir bei Bjerringbro-Silkeborg. In dieser Phase machte die Corona-Pandemie vieles anders. Ich kehrte deshalb nach Norwegen zurück und spielte bei Drammen HK – in der Nähe meiner Familie.

2022 ging es zur SG. Wie entwickelte sich dieser Transfer?
August Pedersen: Mein Berater führte die ersten Gespräche. Ich war schon etwas überrascht über das Interesse. Schließlich hatte die SG immer sehr bedeutende Linksaußen und gehört zu den europäischen Top-Klubs. Flensburg hat dann auch mit Gøran Søgard und Magnus Rød sowie mit meinem Trainer in Bjerringbro gesprochen. Die wollten erfahren, was für ein Typ ich bin und keinen Stinkstiefel verpflichten.

Dein Vertrag läuft bis 2025. Gibt es deinerseits schon Gedanken, wie es danach weitergeht?
August Pedersen: Ich werde mir einen anderen Verein suchen müssen. Mit dem Handball möchte ich noch nicht aufhören. Ich kenne viele Spieler, die morgens aufwachen und Schmerzen im Knie, am Rücken oder im Fuß haben. Bei mir ist alles bestens, der Körper funktioniert sehr gut. Es wäre toll, wenn ich in der Bundesliga bleiben könnte. Hier zählen schon die Spiele im September für die Endabrechnung im Mai oder Juni. Es herrscht immer Spannung.

Eine letzte Frage: Gefällt dir Flensburg? Was magst du am liebsten?
August Pedersen: Ich habe nur vier Minuten zu Fuß zum Training. Manchmal besuche ich die Bibliothek der Universität. Ich betreibe ein Fernstudium in Ökonomie. Jetzt werden die Tage wieder länger, dann kann man auch wieder häufiger am Wasser sein.