Was macht eigentlich Glenn Solberg?

- Nationalcoach mit „kleiner Handewitterin“

Es gibt viele ehemalige Spieler der SG Flensburg-Handewitt, die auch nach ihrer aktiven Karriere weiterhin dem Handball eng verbunden sind – in einer anderen Funktion. Zu ihnen gehört Glenn Solberg. Der 50-Jährige ist seit zwei Jahren Trainer der schwedischen Nationalmannschaft und gewann mit ihr zuletzt Gold bei der Europameisterschaft. Die Redaktion erreichte ihn Anfang März telefonisch in der norwegischen Heimat.

Der Februar war ruhig – und auch die ersten Tage im März kennen keinen Stressfaktor. Glenn Solberg genießt nach der ebenso turbulenten wie erfolgreichen Europameisterschaft das Zuhause im Kreis der Familie. Die Solbergs leben in Lier. Ein Ort, der auch als „grüne Lunge“ zwischen der norwegischen Hauptstadt Oslo und Drammen bezeichnet wird. Ein geeigneter Standort, um die Spiele im internationalen Vereinshandball zu verfolgen, Analysen zu erarbeiten, neue Pläne zu schmieden und vor allem Kraft zu tanken. Viele Jahre bewegte sich Glenn Solberg nicht an vorderster Front des Handballs, seit zwei Jahren fungiert er als Nationalcoach Schwedens.

2004 als Spieler zur SG
Was nicht jeder weiß: Zwei Mal stand er in Diensten der SG. 2004 zog es ihn vom ruhmreichen FC Barcelona zurück in die Bundesliga. SG Coach Kent-Harry Andersson kannte er aus fünf gemeinsamen Jahren bei der HSG Nordhorn. In Flensburg wurde er als „sein Sohn“ präsentiert. Glenn Solberg schwärmt noch immer vom Triumph im DHB-Pokal 2005 und rattert seine damaligen Teamkollegen herunter: Blazenko Lackovic und Marcin Lijewski im Rückraum, Michael Knudsen und Johnny Jensen am Kreis, die Außen Lars Christiansen und Sören Stryger sowie die Torhüter Dan Beutler und Jan Holpert bildeten den Stamm. Nachbar in Handewitt war der damalige Co-Trainer Bogdan Wenta. Die Solbergs trafen zu dritt im Norden Deutschlands ein. Sohn Magnus, der „kleine Spanier“, war im Säuglingsalter. Inzwischen ist er volljährig. Er hat gerade in der 2. Liga den Sprung in ein Männer-Team geschafft. „Mein Sohn hat viel Spaß am Handball, möchte nach vorne kommen“, erzählt der Vater. „Wegen der Pandemie sind ihm allerdings auch zwei Jahre verlorengegangen.“ Tochter Helena wurde während der SG Zeit geboren. „Meine kleine Handewitterin“, lächelt Glenn Solberg.

Zu früher Rücktritt?
Nach zwei Jahren bei der SG, und neun Jahren insgesamt im Ausland, ging es zurück nach Norwegen. Bei Drammen HK beendete der begnadete Spielmacher seine Karriere. „Es war eine schöne Zeit in einer Super-Mannschaft“, bilanziert er seine eher kurze SG Ära. „Heute denke ich, dass ich zwei bis drei Jahre zu früh nach Norwegen zurückgekehrt bin. Ich hätte länger spielen können.“ Stattdessen kreiste der berufliche Schwerpunkt zunächst um die Versicherungsbranche, erst 2012 stieg er als Trainer beim norwegischen Handballverband ein.

2018 ein zweites SG Engagement
In der Serie 2018/19, als Glenn Solberg als Coach des norwegischen Erstligisten Sankt Hallvard tätig war, arbeitete er – etwas überraschend – ein zweites Mal für die SG. Als Mitglied im Kompetenz-Team beobachtete er die Spiele, tauschte sich mit den Trainern Maik Machulla sowie Mark Bult aus und beteiligte sich am Scouting. Zum Abschluss war Glenn Solberg mit nach Düsseldorf, wo die SG ihre dritte deutsche Meisterschaft perfekt machte. „Das war schön, aber ich hatte nur eine kleine Rolle“, erzählt er. „Ich habe viel gelernt, und ich hoffe, ich konnte auch der SG etwas geben.“ Das Engagement endete, da bereits der Job des schwedischen Nationalcoachs eingetütet war.

In schwedischen Diensten
Seit März 2020 ist Glenn Solberg im Amt. Inzwischen hat er die Analyse des jüngsten EM-Turniers abgeschlossen. „In der Breite hatten wir eine sehr große Qualität“, erklärt er. „Die Abwehr kassierte nur 24 Gegentore im Schnitt, jeder war für den anderen da und der Umgang respektvoll zueinander.“ Die Torhüter-Leistungen stimmten, und auch auf der Spielmacher-Position waren die Schweden bestens besetzt – mit Jim Gottfridsson. Der „MVP“ der Europameisterschaft betätigte sich in den Team-Timeouts häufig als Wortführer. „Wir haben einen guten Austausch und einen engen Draht“, betont Glenn Solberg. Auch der zweite Goldmedaillen-Gewinner der SG, Hampus Wanne, gehöre zu den „besten auf seiner Position in der Welt“. Und Anton Lindskog? Steht der Kreisläufer der SG noch im Notizbuch des Nationalcoachs, obwohl er zuletzt nicht berücksichtigt worden ist? „Wir überlegen uns immer, was am besten passt“, sagt der Nationaltrainer. „Oscar Bergendahl hatte bei GOG in Angriff und Abwehr viel Spielpraxis.“ Die Entscheidung gab dem Coach Recht: Oscar Bergendahl wurde zum besten Defensivspieler der EM gekürt.

Der nächste Besuch
Bisweilen schaut Glenn Solberg bei Drammen HK mit SG Neuzugang August Pedersen vorbei. Für den nächsten Tag steht eine Stippvisite in Elverum auf dem Programm. „Das sind aber Ausnahmen“, erklärt er. „Für mich geht es hauptsächlich darum, die schwedische Liga sowie die Schweden in Deutschland, Dänemark und Frankreich im Blick zu haben.“ Und was sagt der Zeitplan? Wann geht es wieder einmal nach Flensburg? „Das wird erst etwas Ende August“, verrät Glenn Solberg. „Im März und April sind ohnehin Lehrgänge, im Mai steht eine Reise nach Frankreich an, und dann ist Sommerpause.“