Unterstützung und vertiefende Gespräche

- Das Interview der Woche: Anders Eggert

Eine Vereinslegende ist nie richtig weg. Seit Sommer ist Anders Eggert sogar wieder ein Teil der täglichen Arbeit bei der SG Flensburg-Handewitt. Der 42-Jährige ist Co-Trainer und unterstützt Chefcoach Nicolej Krickau. Der Däne erzählt über seine neue Aufgabe, gemeinsame Wurzeln und über andere geschätzte Sportarten.

Anders Eggert, ist der Aarhuser Stadtteil Braband ein guter Ort, um ein guter Handballer zu werden? 
Anders Eggert: Früher war das in jedem Fall so. Wie es jetzt ist, kann ich nicht sagen, da ich seitdem ein paar Mal umgezogen bin. In meiner Jugend boten Umfeld und viele gute Trainer in Braband sehr gute Möglichkeiten. Damals spielten dort gefühlt alle Handball. Und nach der Schule ging es gleich in die Halle.

Nicolej Krickau stammt auch von Braband. Er ist ja etwa vier Jahre jünger als du. Wie hast du ihn damals wahrgenommen? Hast du ihn auch als Handballspieler kennengelernt?
Anders Eggert: Als Spieler habe ich kein klares Bild von ihm. Er ist vier Jahre jünger als ich, sodass es in der Jugend keine Spiele zusammengab. Mit 17 Jahren bin ich bereits nach Silkeborg gewechselt und kann mich an kein Männerspiel von Nico erinnern. Wir haben gemeinsam, dass wir mit unseren Familien eigentlich immer in der Halle waren. Und Nico sehe ich noch vor mir, wie er als kleiner Junge immer mit einem Ball unterwegs war und jedes nur halbfreie Spielfeld für Würfe auf das Tor nutzte.

Wie seid ihr jetzt zusammengekommen?
Anders Eggert: Wir haben immer mal wieder miteinander gesprochen, wenn wir uns irgendwo bei einem Spiel trafen – etwa als ich zuletzt für Skjern spielte. Wir kannten uns ja wegen unserer gemeinsamen Wurzeln in Braband. Zur Jahreswende hatte mich Ljubomir Vranjes angerufen, ob ich mir vorstellen könnte, als Co-Trainer zu arbeiten. Dann führte ich während der Europameisterschaft im Januar viele Gespräche mit Nico – auch in Flensburg oder Kolding. Ich musste natürlich wissen, was er sich vorstellt und ob der Job auch zu meinem Familienleben passen würde. Und dann musste natürlich die Chemie stimmen. Ein Trainer und sein Co verbringen ja sehr viel Zeit zusammen.

Wie hat sich eure Arbeitsteilung eingependelt?
Anders Eggert: Nico hat vorher genau besprochen, was er braucht und wie ich ihm helfen kann. Mal muss ich etwas im Spiel genauer beachten, mal eine Übung weiter ausarbeiten oder meine Einschätzung abgeben. Die Video-Analysen der Gegner macht Nico für die Spieler, ich hauptsächlich dafür, um die Kompetenz für vertiefende Gespräche mit Nico zu haben.

Wie sieht denn ein Spieltag für dich aus?
Anders Eggert: Das ist der größte Unterschied zwischen einem Spieler und einem Trainer. Bis etwa zwei Stunden vor einem Heimspiel ist es nun immer ziemlich ruhig für mich, da die Arbeit getan ist. Dann treffen wir uns in der Halle und führen Gespräche. Meine Aufgabe ist die technische Besprechung, in der auch die Seitenwahl entschieden wird. Als Team-Offizieller A muss ich sogar den Spielbericht unterschreiben. Das habe ich vorher nie gemacht. Während eines Spieles verfolge ich die Partie und spreche mit Nico, wenn mir etwas auffällt. Wenn der Gegner etwa einen bestimmten Spielzug immer wieder erfolgreich probiert oder einer unserer Spieler etwas müde wirkt. Auch zu Beginn der Halbzeit tauschen wir uns aus.

Wie sieht dein normaler Trainingstag aus?
Anders Eggert: Wir trainieren oft um 10 Uhr, dann starte ich gegen 8.30 Uhr in Kolding. Die Großen sind zur Schule, und ich fahre noch die Kleine zum Kindergarten. Mit einem Kaffee geht es los nach Flensburg. Während der Fahrt bespreche ich meist noch Dinge für das Training. Nach der Video-Besprechung bin ich ganz unterschiedlich in die Übungen eingebunden. Um 13 Uhr geht es zurück nach Kolding. Das ist ein sehr guter Zeitpunkt, um ab Nachmittag für die Familie da zu sein.

Du pendelst. Gibt es in Flensburg oder Umgebung keine gute Wohnung?
Anders Eggert: Wir leben in Kolding. Meine Frau arbeitet dort, und auch unsere drei Kinder haben dort ihren Lebensmittelpunkt. Es war mir sehr wichtig, dass die Arbeit bei der SG mit meiner Familie zusammenpasst. Und die Fahrerei stört mich nicht, da ich während dieser Zeit viel telefonisch erledigen kann.

In deiner Nachbarschaft lebt eine weitere SG Legende: Lasse Svan. Wie oft seht ihr euch?
Anders Eggert: Lasse ist mein Nachbar, manchmal sehen wir uns ständig, dann auch länger nicht. Ende August war zunächst ich eine Woche unterwegs, dann war er zehn Tage als Mental Coach bei seinem E-Sport-Team. Wir spielen häufig Padel-Tennis, verabreden uns mit unseren Familien zum Essen oder trainieren in der U11 von Kolding gemeinsam unsere Kinder.

Mit Jim Gottfridsson und Kevin Møller hast du schon als SG Spieler zu tun gehabt. Wie ist es, jetzt in einer anderen Rolle mit den beiden zu arbeiten?
Anders Eggert: Aus meiner Sicht ist es leichter gefallen als gedacht. Zunächst hatte ich ein paar Gedanken, weil diese Zeit schon eine Weile her ist. Aber manchmal ist es so, dass man nach nur einer Minute merkt, dass es wieder so wie früher ist. So ähnlich war es auch bei der SG. Die Themen sind jetzt allerdings etwas anders. Es geht häufiger als früher um Abwehr oder Spielzüge.

Wie ist es, nach einigen Jahren der Unterbrechung wieder viel im Bus zu sitzen und viel zu fliegen?
Anders Eggert: Das ist kein Problem. Die ersten acht Jahre als Spieler der SG hatte ich die Auswärtstouren genossen, freute mich immer tierisch, mit den Jungs viel Zeit zu verbringen. Dann kamen allerdings die Kinder, und ich wollte mehr zu Hause bei der Familie sein. Jetzt ist es einfacher. Während der normalen Tage bin ich ja nur am Vormittag nicht da. Training am Nachmittag gibt es fast gar nicht mehr. Jetzt bin ich entweder richtig da oder für ein paar Tage gar nicht. Das ist keine halbe Sache, sondern immer eine klare Angelegenheit.

Denkst du manchmal, dass du deine Karriere bei der SG etwas zu früh beendet hast? Immerhin folgten direkt im Anschluss zwei deutsche Meisterschaften.
Anders Eggert: Vielleicht hätte ich noch ein oder zwei Jahre drangehängt, wenn die Trainingszeiten so gewesen wären wie heute. Damals gab es aus mentaler und familiärer Sicht keine Alternative. In der Serie 2017/18 sah die SG lange wie der sichere Zweite aus. Erst als die Rhein-Neckar Löwen drei Mal in Folge verloren hatten, winkte die Meisterschaft. Ich scherzte mit Lasse Svan: Wenn ihr Meister werdet und ich nicht, dann tut es richtig weh. Mit Skjern wurde ich aber dänischer Meister, und für die SG freute ich mich riesig.

Was war für dich der Höhepunkt deiner aktiven Karriere mit der SG?
Anders Eggert: Wenn ich einen Punkt herauspicke, dann der Titel 2014 in der EHF Champions League. Die zehn Jahre waren insgesamt aber ein einziger Höhepunkt meines Lebens. Es war eine überragende Zeit, ich fühlte mich immer wohl. Es war so wie bei der Efterskolen, einem besonderen Schuljahr in Dänemark, von dem viele Menschen viele Jahre später noch immer schwärmen. Ich hatte allerdings nicht ein einziges, sondern zehn von diesem Jahr.

Verfolgst du auch andere Sportarten neben dem Handball?
Anders Eggert: Neben der dänischen und der deutschen Liga im Handball sehe ich gerne die NBA im Basketball, die NFL im American Football und die Grand Slams beim Tennis. Tennis spiele ich auch gerne, und zwar mit meinem Bruder oder meinem Vater. Padel-Tennis ist inzwischen aber häufiger geworden, da es sehr viel mehr mögliche Spielpartner gibt. Es ist ein sehr schneller Sport, der mir sehr gefällt, sodass ich nur noch selten eine ruhige Golfrunde absolviere.

Gibt es bei diesen Sportarten Dinge, die man auch für ein Handball-Training gebrauchen kann?
Anders Eggert: Bei der NFL oder auch der NBA sehe ich schon mal Spielzüge, die auch für den Handball interessant sein könnten. Sehr spannend finde ich Dokumentationen über die NFL. Es ist sehr beeindruckend, wie man so viele Spiele mit relativ wenigen Akteuren meistert und wie man die Belastung steuert. Ich würde sehr gerne mal in der NFL hospitieren.