„Ich mache keine halben Sachen“

- Das Interview der Woche: Ljubomir Vranjes

Es geht auch mal gemütlich. Für ein knappes Stündchen traf sich die Redaktion im November mit Ljubomir Vranjes auf ein Getränk im Onoma Café in der Altstadt Flensburgs. In einer ausnahmsweise spielfreien, aber gewiss nicht aufgabenfreien Woche streifte das Gespräch viele Themen. Es ging um schöne Angewohnheiten, die Aufgaben als Sportlicher Leiter der SG Flensburg-Handewitt und um den Handball-Transfermarkt.

Ljubo, die wichtigste Frage zuerst. Trinkst du gerne Kaffee?
Ljubomir Vranjes: Das kann man wohl behaupten. Ich trinke sogar sehr viel Kaffee. Den ersten schon gegen halb sieben, den letzten irgendwann zwischen acht und zehn Uhr abends. Da kommen wohl 12 bis 16 Tassen zusammen. Und ich mag ihn schwarz, ja so muss er sein.

Sitzt du gerne mal im Café, wenn du mal Freizeit hast?
Ljubomir Vranjes: Seitdem ich im Sommer 2023 wieder in Flensburg bin, ist es heute erst das zweite Mal. Es fehlt einfach die Zeit, um entspannt in einem Café zu sitzen. Meine Freizeit ist nun einmal knapp. Und dann ist die Familie das Wichtigste. Was ich mir ab und zu gönne: Ich koche gerne und trinke auch mal einen guten Wein.

Du bist ja viel herumgekommen: Was ist das Besondere an Flensburg und seiner Umgebung?
Ljubomir Vranjes: Die Förde ist einfach fantastisch. Ich liebe das Wasser. Es ist ein wichtiger Teil, den ich im Leben nicht vermissen möchte. In Flensburg und Umgebung gibt es viele schöne Plätze. Wer die Natur mag, kann in Wäldern spazieren gehen. Es gibt schöne Strände und den Hafen – und in den Flensburger Hinterhöfen viel kleine Cafés, die versteckt und gemütlich sind. Und ganz wichtig: Flensburg hat die SG.

Das ist das beste Stichwort, um uns den sportlichen Themen zuzuwenden. Du warst ja schon von 2006 bis 2017 als Spieler und Trainer bei der SG. Hast du dich sofort wieder heimisch gefühlt?
Ljubomir Vranjes: Mein persönliches Gefühl sagte mir: Ich bin wieder zu Hause. Elf Jahre sind so eine lange Zeit, die ist nie wirklich weg – und ist dann sofort wieder da. Es war aber auch wichtig, dass ich etwas Abstand gewonnen habe, um festzustellen, wie gut es hier ist. Manchmal muss man auch mal zwei Schritte zurückmachen, um sich einen besseren Blick zu verschaffen.

Deine Aufgaben als Sportlicher Leiter sind ganz andere wie früher als Trainer: Skizziere sie bitte mal kurz!
Ljubomir Vranjes: Der Begriff erklärt sich von selbst: Ich bin für den sportlichen Teil zuständig. Ich bin zudem komplett für die Organisation rund um die Mannschaft verantwortlich. Ich kümmere mich um die Planung der Vorbereitung, halte den Kontakt zu den Nationalmannschaften, widme mich den Vertragsangelegenheiten und den Auswärtsreisen. Natürlich befinde ich mich auch mit Spielern, Trainern, Beratern oder Sponsoren im Austausch.

Wie viel deiner Zeit bist du in der Geschäftsstelle und wie viel unterwegs?
Ljubomir Vranjes: Hauptsächlich bin ich im Büro. Es gibt aber auch immer wieder Tage, in denen Reisen anstehen. Erst gestern war ich in Frankfurt, letzte Woche in Köln. Vor 22 Uhr bin ich selten zu Hause. Aber wir wollen etwas erreichen, wollen in der DAIKIN HBL Erster oder Zweiter werden – und für solche Ziele muss man viel investieren. Dazu zählt auch Zeit.

Du bist auch bei den Transfers von Spielern aktiv beteiligt. Wie läuft so ein Wechsel normaler Weise ab?
Ljubomir Vranjes: An erster Stelle steht die Kontinuität. Aber es gibt auch Ergebnisse, Leistungen und vielleicht die Erkenntnis, dass es neue Impulse braucht. Wir sprechen über die Vorschläge, dann entsteht eine Liste von interessanten Spielern. Die Finanzen habe ich immer im Blick, da mir ein Budget-Rahmen zur Verfügung steht. Wir schauen auch, ob ein Handballer sich mit unserer SG identifiziert und zu unserem skandinavisch-deutschen Profil passt. Wir haben schließlich einen Plan A. Ich spreche dann mit dem Berater, im nächsten Schritt auch mit dem Spieler. Ist ein Wechsel denkbar? Wie sehen die finanziellen Vorstellungen aus? Es ist in der Regel so, dass die besten Spieler auch den größten finanziellen Bedarf erfordern. Wir zahlen aber nicht die höchsten Gehälter. In der DAIKIN HBL liegen wir vielleicht an Platz vier, in Europa eher an zehnter Stelle. Wir müssen daher mit anderen Dingen überzeugen. Ich möchte aber betonen: Wir haben eine Mannschaft, mit der wir unsere großen Ziele erreichen können.

Inwieweit ist Geschäftsführer Holger Glandorf eingebunden?
Ljubomir Vranjes: Er ist der Chef und sagt letztendlich: Ja oder nein! Wir sitzen uns im Büro direkt gegenüber. Dadurch kriegt er alles mit, was ich tue. Natürlich informiere ich ihn über jeden Schritt.

Was in der DAIKIN HBL passiert, bekommst du ja hautnah mit. Wie aufmerksam verfolgst du die anderen Ligen in Europa?
Ljubomir Vranjes: Da wir nicht das größte Portemonnaie haben, muss man sich etwas einfallen lassen. Dazu gehört natürlich, dass ich viele Ligen beobachte. Der skandinavische Raum mit Schweden, Dänemark und Norwegen versteht sich von selbst. Aber auch in Frankreich, Spanien oder den Balkan wollen wir Bescheid wissen. Interessant wird gerade Italien, wo der Handball eine gute Entwicklung nimmt.

Hilft da auch die Kooperation mit inzwischen fünf Partnern?
Ljubomir Vranjes: Erst vor Kurzem haben wir uns zwei Tage getroffen, um die Kooperation weiter zu verbessern. In erster Linie geht es um die Ausbildung. Unseren Jugendspielern wohlen wir bessere Chancen der Entwicklung geben. Wir haben durch die Kooperation zudem einen Pool von 1500 Kindern und Jugendlichen. Wir wollen auf 2500 kommen. Derzeit legen wir auch eine Scouting-Datenbank an – mit Profilen von erwachsenen und jugendlichen Spielern aus Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen.

Wie oft bist du eigentlich in deiner Heimat Schweden?
Ljubomir Vranjes: Ich versuche, es einmal im Monat zu schaffen. Aber das ist nicht immer möglich. In der letzten Saison waren wir Dritter und gewannen einen europäischen Titel. Jetzt wollen wir einen Schritt weiter nach vorne kommen. Dazu muss man die SG leben. Da kann man keine halben Sachen machen. Das ist bei mir möglich, da meine Kinder inzwischen weitgehend erwachsen sind. Ich kann daher all-in geben.