Als Fünfter war die SG aus der Vorsaison gegangen, dann folgte ein unruhiger Sommer. Es musste gerechnet, geredet und verhandelt werden. Die Finanzen hatten ein bedrohliches Aussehen. Die Einnahmen aus der Champions League fehlten erstmals nach sechs Jahren. Die herrschende Wirtschaftsflaute nagte am Sponsoren-Umfeld. Die Nordlichter mussten erkennen, dass sie den Gürtel enger zu schnallen hatten. Der nördlichste Bundesliga-Klub, sonst ein Paradebeispiel für solide Finanzpolitik, stand am Abgrund. Anfang Juni 2009 lagen die Karten auf dem Tisch. Die Spieler waren zum Teil geschockt über die finanzielle Situation, erbaten sich Bedenkzeit und schalteten auch eine dänische Spieler-Gewerkschaftlerin ein, um die SG Unterlagen zu prüfen. Die Dänin nahm zusammen mit Lars Christiansen und Michael Knudsen am Verhandlungstisch Platz. Auf der anderen Seite saßen die Gesellschafter Frerich Eilts und Manfred Werner sowie Holger Kaiser als neuer Geschäftsführer. Der Münsterländer hatte sich beim SC Magdeburg den Ruf eines „Sanierers“ erworben.
Abstriche trotz Einigung
Das Aussetzen von vertraglich vereinbarten Gehaltssteigerungen sowie eine Kappung der Netto-Grundgehälter und der Prämien um jeweils 15 Prozent – das hatte die SG vorgeschlagen, um den finanziellen Engpass in den Griff zu kriegen. „Die klare Ansage war, dass der Verein Konkurs geht, wenn wir nicht mit unserem Lohn runtergehen würden“, erklärte Michael Knudsen. „Um die SG zu retten, haben wir zugestimmt.“ Am Transfermarkt musste die SG Abstriche machen. Selbst die Rückkehr von Anders Eggert, der eine Saison beim dänischen Erstligisten Skjern Spielpraxis gesammelt hatte, wäre beinahe gescheitert. Überdies hielten sich monatelang Wechselgerüchte um einige Leistungsträger. Das war die strukturelle Basis, mit der sich Per Carlén in seiner zweiten Saison anfreunden musste. An seiner Seite blieb Ljubomir Vranjes. Die Verantwortlichen um Frerich Eilts und Helmut Ermer beförderten den kleinen Schweden zum neuen Team-Manager.
Eine gute Spürnase
Angesichts der klammen Finanzen geriet das Scouting in den Fokus. Die Spürnase war gut: Torwart-Talent Johan Sjöstrand und Spielmacher Patrik Fahlgren deuteten schnell ihr Potenzial an. Dann kam der SG entgegen, dass die HSG Nordhorn Insolvenz angemeldet hatte und absteigen musste. Plötzlich war Defensivstratege Tobias Karlsson auf dem Markt. „Das ist eine richtig gute Verpflichtung“, schnalzte Ljubomir Vranjes mit der Zunge. „Wir bauen unsere neue Mannschaft von hinten auf.“ Lars Christiansen kündigte frühzeitig seinen Abgang zum Saisonende an. Seit der Serie 1997/98 war der trickreiche Linksaußen stets der torgefährlichste SG-Akteur gewesen. Nun war das ein anderer: Oscar Carlén. Der junge Schwede bestach nicht nur wegen seinem „Killer-Instinkt“ aus acht, neun oder gar zehn Metern, sondern zählte auch in der Defensive zu den Säulen der Mannschaft. Gegen die Top-Favoriten aus Kiel und Hamburg konnte aber auch er nicht genug bewerkstelligen. Schmerzhafter waren Niederlagen in Großwallstadt und in Lübbecke. Die SG drohte, im Mittelfeld zu versinken, als sich nach elf Spieltagen bereits acht Minuspunkte angesammelt hatten.