Ein Störfeuer näherte sich aus Hamburg. Dort hatte HSV-Präsident Andreas Rudolph den Journalisten gesteckt, dass er mit Per und Oscar Carlén bereits handelseinig sei und die beiden Schweden ab 2011 unter der HSV-Raute arbeiten würden. Offiziell gab es nur Dementis, sodass es in der Gerüchteküche loderte. Zunächst roch alles nach einem hanseatischen Versuch, beim Konkurrenten Unruhe zu stiften. Doch der Wahrheitsgehalt der Gerüchte bestätigte sich nach und nach. Unter diesen wilden Vorzeichen ging die Campushallen-Premiere gründlich daneben. Mit dem 29:33 gegen den Vorjahreselften SC Magdeburg hatte niemand gerechnet. „In vielen Spielen kann man mit einem Problem leben und gewinnen, aber nicht mit so vielen“, klagte der neue Kapitän Tobias Karlsson. Die SG schien sich von diesem Rückschlag zu erholen. Siege folgten.
Rückkehr in die Champions League
Die SG wurde mit einem umgemodelten Modus der Champions League konfrontiert. Allein zehn Spieltage erforderte die ausgedehnte Gruppenphase mit fünf Gegnern. Die SG musste in der Staffel D mindestens Vierter werden, um das Achtelfinale zu erreichen. Gleich zum Auftakt ging es zum Top-Favoriten Ciudad Real. Die Spanier agierten nach dem Seitenwechsel zielstrebiger. Der Widerstand der SG brach, sie fügte sich in eine 19:27-Niederlage. Panik löste dieser Rückschlag nicht aus. Neva St. Petersburg, Bosna Sarajevo und HCM Constanta erwiesen sich allesamt als schlagbar, ein vorzeitiges „Aus“ war nicht zu befürchten. Frühzeitig deutete sich ein Zweikampf mit dem HC Zagreb um Rang zwei an.
Das „Aus“ für Per Carlen
In der Bundesliga verlor die „Hölle Nord“ zunehmend ihren Nimbus. Die Füchse Berlin entfalteten Effizienz aus dem Rückraum und siegten mit 26:25. Im Landesderby am 13. Oktober 2010 war ein Erfolg fast schon Pflicht, um verlorenen Boden aufzuholen. Doch die Punkte gingen nach Kiel. Die Spitze war entrückt. Dafür flammte die Trainer-Frage wieder auf. Die Zweifel an den Qualitäten von Per Carlén wuchsen. Holger Kaiser hatte bereits einen Nachfolger in den eigenen Reihen entdeckt: Ljubomir Vranjes. Es wurde immer offensichtlicher, dass der Team-Manager den Coach in puncto Handball-Verständnis deutlich ausstach. Ausgerechnet jetzt musste die SG nach Hamburg. Der 6. November 2010 brachte die Erkenntnis, dass die absolute Spitze der Bundesliga für die SG ein gutes Stück entfernt lag. Danach war Per Carlén auf einen Spießrutenlauf vorbereitet. Er blieb bei seiner Version: Er bestätigte nicht, dass er ab Sommer auf der Bank der Hanseaten sitzen würde. Seine Worte überzeugten die Verantwortlichen allerdings immer weniger. Vorstand und Beirat trafen sich am 10. November 2010 zu abendlicher Stunde im Hotel „Alter Meierhof“. Sofortige Beurlaubung von Per Carlén – darüber war man sich schnell einig. Dann wurde der Plan B aus der Schublade hervorgekramt: Ljubomir Vranjes war nun nicht mehr nur Team-Manager, sondern auch Chef-Trainer.