Die Europapokal-Premiere

- Vor 25 Jahren spielte die SG erstmals international

Der 7. Oktober 1995 steht für eine Premiere in der Vereinschronik. Vor 25 Jahren bestritt die SG Flensburg-Handewitt ihr erstes Spiel auf europäischer Ebene. Es ging gegen SKAF Minsk aus Weißrussland. „Wir waren ziemlich aufgeregt”, erinnert sich Dierk Schmäschke, der damals seine Geschäftsführer-Karriere begann. „Als kleiner Verein standen wir plötzlich im europäischen Wettbewerb – da waren wir richtig stolz drauf.”

Ähnlich sieht es Rainer Cordes, damals einer der Rückraum-Akteure: „Wir wurden lange Zeit als Fahrstuhl-Mannschaft betitelt, wären noch 1993 fast abgestiegen – und nur zwei Jahre später spielten wir im Europapokal.“ Als Tabellenvierter der Bundesliga-Saison 1994/95 hatte sich die SG erstmals für den EHF-Cup qualifiziert. Das Ergebnis der Auslosung für die erste Runde wurde aufgeregt erwartet. Und als der Gegner Minsk hieß, dachte man zunächst, es ginge gegen SKA, den mehrfachen Europapokal-Triumphator der 80er Jahre. Letztendlich kreuzte der Lokalrivale SKAF Minsk im Norden Schleswig-Holsteins auf – mit dem Bus. Ein Zeitzeuge erinnert sich noch, wie der Trainer nach der langen Tour angetrunken aus dem Fahrzeug torkelte.

Gegen SKAF Minsk in Fördehalle und Wikinghalle
2510 Zuschauer waren schließlich „live“ dabei, als in der Fördehalle die Premiere stieg. 27:19 lautete der Endstand. Aaron Ziercke war der beste Torschütze, traf sieben Mal. Nur 48 Stunden später stieg das Rückspiel. Die finanziell klammen Osteuropäer hatten das Heimrecht abgetreten. „So fahraffin waren wir noch nicht, da waren wir ganz erleichtert, dass wir nicht nach Weißrussland reisen mussten“, erzählt Torwart-Legende Jan Holpert. „Stattdessen wurde in Handewitt gespielt, das war eine Seltenheit“, weiß Jan Fegter. Der Halblinke steuerte gleich acht Tore zum 32:17-Kantersieg bei.

Im Achtelfinale gegen Lars Christiansen
Ab dem Achtelfinale folgten die Reisen. Zunächst stand Kolding, wo damals ein gewisser Lars Christiansen als Goalgetter auffiel, im Fahrplan. Dann lagen die Ziele in immer größerer Entfernung, was die internationale Begeisterung im Umfeld gedeihen ließ. „Einige Sponsoren sind mitgefahren. Es bildete sich ein aktiver Kreis, der uns zu jedem Spiel begleitete“, erzählt Jan Holpert. Auch die Handballer entdeckten spannende Dinge. „Eine andere Sprache, andere Menschen und anderes Essen – man hätte gerne immer zwei Tage mehr Zeit gehabt“, erinnert sich Jan Fegter. „Heutzutage hat sich der Auswärtszauber bei sieben Champions-League-Spielen in kurzer Zeit sicherlich gelegt, aber Reisen nach Granollers oder Ankara waren für uns eine Neuheit.“

Schulsporthalle statt Atatürk-Arena in Ankara
In die Türkei ging es für das Viertelfinale. Im Hinspiel hatte die SG den Hauptstadt-Klub ASKI Ankara mit 40:17 überrant, aber 100 bis 200 Türken hatten in der Fördehalle für kräftig Stimmung gesorgt. Der ASKI-Manager tönte nach dem Schlusspfiff: „Bereitet euch darauf vor, dass wir 15.000 fanatische Fans in der Atatürk-Arena erwarten werden.“ Eine Ankündigung, die trotz des riesigen Vorsprungs Unsicherheit auslöste. Könnte es doch noch schieflaufen? Nach der Ankunft in Ankara fuhr der SG Tross in eine verstaubte Gegend, in der eine Schulsporthalle als Trainingsstätte diente. Plötzlich hieß es: „Hier wird auch gespielt.“ Es waren nur ganz wenige Zuschauer anwesend. Rainer Cordes schmunzelt noch heute: „In Flensburg waren letztendlich mehr Türken beim Spiel als in Ankara.“

„Aus“ vor den Toren Barcelonas
Im Halbfinale wartete mit BM Granollers wirklich eine harte Nuss. Das Polster aus dem Hinspiel schmolz vor den Toren Barcelonas schnell. Die SG schied aus. Jan Holpert, der zuvor mit dem TSV Milbertshofen schon einen internationalem Titel gewonnen hatte, bilanziert rückblickend: „Der Europapokal war für uns richtiges Neuland, wir akklimatisierten uns aber sehr schnell. Schon im ersten Jahr kratzten wir am Finale, im zweiten Jahr holten wir den Pott.“ Der EHF-Cup war 1997 der erste Titel in der erfolgreichen SG Geschichte.