Es war „eine schwere Entscheidung“, die Liebsten in Polen zu lassen und nun wieder für einen Bundesligisten zu spielen. Michal Jurecki lief neun Jahre lang für den polnischen Top-Klub PGE Vive Kielce auf. Mit seiner Familie hatte er es sich in der Region Kielce eingerichtet und ein Haus gebaut. Im Frühjahr 2018 befand sich der Handballer in Gesprächen mit dem Geschäftsführer und dem Präsidenten. Es roch nach Routine, doch plötzlich stockte der Fluss. Die Verantwortlichen wollten nur um eine weitere Saison verlängern. Offenbar war ihnen der 35-Jährige zu alt für eine längerfristige Zusammenarbeit. Der großgewachsene Rückraumspieler musste schlucken: Er hatte andere Vorstellungen. „Ich wollte noch zwei Jahre dranhängen“, erklärt Michael Jurecki. „Und genau in dieser Situation meldete sich mein Berater.“ Der hatte interessante Infos aus der Bundesliga, erzählte vom Interesse der SG. „Ein europäischer Top-Klub mit großen Zielen“, dachte sich der Profi und fragte: „Für wie lange? Zwei Jahre? Das passt!“
Der Familienrat tagte
Es vergingen keine zwei Wochen und der Zwei-Jahres-Vertrag war unterschrieben. Und mittendrin hatte der Familienrat getagt und entschieden, dass Michal Jurecki allein nach Flensburg ziehen würde. Die Bildung der Kinder sprach für Kielce. „Eine polnische Schule gibt es in Hamburg, aber leider nicht in Flensburg“, musste der Berufssportler schnell feststellen. Nun ist er in einer Flensburger Stadtwohnung sein eigener Herr. Das spürt er gerade beim Kochen und Schnippeln in der Küche. Oft gibt es Nudeln, Reis oder Grütze aus Hirse, aber auch mal Gemüse und Fleisch. Er schaut sich gerne Serien an, am liebsten aus dem Genre „Science Fiction“, und kommuniziert viel mit der Familie in Polen. „Zwei Spiele die Woche, Training und viele Reisen – da hat man gar nicht mehr so viel Zeit“, schmunzelt Michal Jurecki.
Der fünf Jahre ältere Bruder als Vorbild
Im Mittelpunkt steht der Handball – und das bereits seit zwei Dekaden. Als Teenager spielten noch Fußball, Basketball und andere Sportarten eine Rolle, dann trat der Handball-Trainer in seinem Geburtsort Koscian zu ihm heran: „Komm doch zum Handball, du bist groß und dein Bruder ist auch sehr gut!“ Bartosz Jurecki ist fünf Jahre älter. Dem Kreisläufer haben sie beim SC Magdeburg ein Denkmal errichtet. Die beiden Brüder erlebten drei gemeinsame Jahre in Glogow und stürmten 2006 zur polnischen Vize-Meisterschaft. Wenige Monate später hatten sie das Silber der Weltmeisterschaft um ihren Hals hängen.