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#InTeam
- Das Interview der Woche: Patrick Volz

„Den Traum leben“

Seit einer guten Saison hat Patrick Volz schon einen Vertrag bei der SG Flensburg-Handewitt. Nach der Leihoption bei Sønderjyske HH ist der Linksaußen in diesem Sommer wirklich beim nördlichsten Bundesligisten angekommen. Der 26-Jährige erzählt von den Vorzügen seiner Wahlheimat, outet sich als Handball-Spätstarter und verrät seine abwechslungsreichen Hobbys.

Patrick, grüß Gott oder schon Moin? 
Patrick Volz: Moin, sage ich immer. Ich bin ja inzwischen schon anderthalb Jahre hier oben. Außerdem verwenden das Grüß Gott nur ältere Menschen.

Als Gegner und Zuschauer warst du bis zu diesem Sommer mehrfach in der GP JOULE Arena gewesen. Wie ist es, diese Atmosphäre nun als Teil der SG zu erleben?Patrick Volz: Einfach super! Es ist einzigartig, in diese Halle einzulaufen und zu spüren, wie die Nordtribüne und alle anderen Fans hinter uns stehen. Kurzum: Diese Atmosphäre ist ein Erlebnis.

Wo ist außerhalb der „Hölle Nord“ dein Lieblingsplatz in Flensburg?
Patrick Volz: Da nenne ich zuerst mein zu Hause. Und mit dem Hund sind es die Spaziergänge am Meer, damit verbringe ich viel Zeit.

Was machst du gerne in deiner Freizeit? Außer mit dem Hund spazierenzugehen…
Patrick Volz: Ich spiele Golf und koche gerne – und seit ich denken kann, spiele ich Gitarre. Hauptsächlich etwas, was zur Stimmung passt oder mitgesungen werden kann.

Du stammst vom Bodensee. Du spielst in dem Land, in dem du geboren wurdest, lebst nun aber ziemlich genau 1000 Kilometer weiter im Norden. So oft kommst du sicherlich nicht mehr in deine Heimat, oder?
Patrick Volz: Außerhalb der Sommerpause war ich zwei Mal unten – und das seit Sommer 2024. Man braucht mindestens drei freie Tage am Stück, damit es sich überhaupt lohnt. In diesem Jahr wird es definitiv nichts mehr. Denn für Weihnachten hat sich die Familie meiner Freundin angekündigt. Zum Glück kommen ab und an Freunde und Familie zu uns.

Was gibt es in Konstanz, was du im Norden vermisst?
Patrick Volz: Spontan fallen mir da zwei Dinge ein. Zum einen sieht man Familie und Freunde zu selten. Und dann vermisse ich die Nähe zu den Bergen. Nur ein Beispiel: Während des letzten Urlaubs machte ich mit Freunden einen Tagesausflug in die Alpen. So etwas ist im Norden nicht möglich.

Wie und wann bist du zum Handball gekommen?
Patrick Volz: Es war irgendwann in der Grundschule. Ich war immer sportaffin, spielte Fußball und ging mit Freunden mit zum Handball. Dann habe ich lange Zeit beide Sportarten betrieben. Mein Stammverein ist übrigens die SG Allensbach-Dettingen. In der B-Jugend bin ich dann zur HSG Konstanz gewechselt.

Seit wann spielst du auf Linksaußen?
Patrick Volz: So richtig fix wurde es erst bei den Männern. Während des ersten Jahres in der A-Jugend deutete es sich an. Lange war ich auch in der Rückraum-Mitte anzutreffen. Dafür hat es dann aber nicht gereicht. Ich bin mit 1,90 eigentlich groß genug, aber ich bin wohl zu schmächtig. Wir Außen denken zwar, dass wir auch sehr gute Rückraumspieler wären, die Realität ist aber wohl eine andere. Obwohl: Wenn wir im Training mal im Rückraum aushelfen, klappt es ganz gut.

Wann hattest du das erste Mal das Gefühl, dass es mit einer Profi-Laufbahn etwas werden könnte?
Patrick Volz: Spät. Vor fünf Jahren war ich in Konstanz noch in der zweiten Mannschaft und durfte mit der ersten mittrainieren. Ein halbes Jahr durfte in dann in der 2. Bundesliga aushelfen. Auch in Balingen gehörte ich zunächst nur der zweiten Mannschaft an. Ich studierte und arbeitete. Ich konnte mir gut vorstellen, mehr in diese Richtung zu gehen und den Handball nur als Hobby zu betreiben. Erst im Frühling 2023 – da war ich schon fast 24 Jahre alt – entschied ich mich für den Handball.

Was hast du denn beruflich gemacht? 
Patrick Volz: An der Universität Konstanz studierte ich Wirtschaftswissenschaften. Das Studium schloss ich im Sommer 2024 mit dem Bachelor ab. Meine Praktika machte ich bei einem Startup im E-Commerce. Ich war mit Marketing, Vertrieb und Business Development beschäftigt. Mit einem der Gründer dieses Unternehmens spielte ich zusammen in Konstanz. Es hätte mich durchaus gereizt, dieser Firma weiterhin zu helfen und sie mitzugestalten. Ich entschied mich dann aber für den Handball.

Und da ging alles plötzlich ziemlich schnell: Im Frühling 2023 bist du mit Balingen in die DAIKIN HBL aufgestiegen, und im folgenden Herbst warst du erstmals in der „Hölle Nord“. In dieser Phase entstand auch der Kontakt mit der SG. Kannst du dich noch an deine Gedanken erinnern, als du vom Interesse der SG erfahren hast?
Patrick Volz: Es war im Herbst 2023, am Tag nach dem Gastspiel mit Balingen in Flensburg, als ich in der Sauna entspannen wollte. Plötzlich rief mein Berater an. Er wollte mit mir unbedingt sofort sprechen. Er erzählte mir vom Interesse der SG. Danach wurde es nichts mit der Sauna. Ich war positiv aufgeregt. Ich telefonierte mit Ljubomir Vranjes. Dann musste ich alles mit meiner Freundin und meiner Familie besprechen. Ich musste nicht lange überlegen, zu so einem großen Klub zu wechseln. Mit meiner Freundin bin ich sehr bald hochgeflogen. Ich war zunächst zum Medizin-Check. Dann spazierten wir auf dem Weihnachtsmarkt. Wir haben uns sofort wohlgefühlt. Es war alles etwas winterlich. Im Süden war sogar ein Schnee-Chaos. Wir konnten deshalb nicht nach München zurückfliegen und mussten ab Frankfurt den Zug nehmen.

Konntest du dich gleich mit dem Gedanken anfreunden, erst einmal ein Jahr in Dänemark zu spielen?
Patrick Volz: Es war sehr schnell klar, dass es ein Jahr zu überbrücken galt. August Pedersen hatte ja noch einen Vertrag. Für mich war es interessant, die Auslandserfahrung mitzunehmen und im Ausland anzukommen.

Wie fällt die Bilanz mit Sønderjyske HH aus?
Patrick Volz: Es war ein aufregendes Jahr, das mich weitergebracht hat. Dänemark ist schon etwas anders, aber ich habe die Eindrücke genossen. Es ist alles etwas entspannter und lockerer. Ich habe viele Leute kennengelernt. Das Niveau der dänischen Liga ist nicht so hoch wie das der HBL, aber doch sehr ansprechend. Wir verpassten zwar die Playoffs, wurden dafür aber Dritter im Final Four.

Was du nicht erwähnt hast, du wurdest zum besten Linksaußen der dänischen Liga gekürt. Warst du in den letzten Wochen noch einmal in Sønderborg? Deine alte Mannschaft ist ja recht gut gestartet…
Patrick Volz: Ich war zuletzt beim Pokalspiel gegen Holstebro da. Mit dem einen oder anderen Spieler bin ich noch in Kontakt. Wir haben uns in der Vorbereitung häufiger gesehen – zum Testspiel und mehrmals zum gemeinsamen Training.

Es war sicherlich praktisch, dass du schon in der letzten Saison in Flensburg gewohnt hast?
Patrick Volz: Der Start fiel schon etwas einfacher, da man sich mit keinem Umzug beschäftigen musste und man nach dem Urlaub sofort zu Hause war. Aber ich war dennoch ein Neuzugang, der 15 Spieler und den Staff kennlernen musste.

Ein Vorteil in Dänemark waren gewiss die kurzen Reisen. Oder bist du gerne in Bus und Flugzeug unterwegs?
Patrick Volz: Es war angenehm in Dänemark. Allerdings habe ich es auch vermisst, nicht mehr Zeit mit der Mannschaft verbringen zu können. Nach den ersten Reisen mit der SG quer durch Deutschland habe ich mich allerdings schon mal gefragt, was ich vermisst habe. Es dauert doch sehr lange, um von Flensburg irgendwo hinzukommen. Aber ich will mich nicht beschweren: Das Reisen gehört zum Privileg, in der HBL zu spielen, dazu.

Was hast du dir für diese Saison vorgenommen?
Patrick Volz: In erster Linie will ich den Traum genießen, für diesen Verein und vor diesem Publikum spielen zu dürfen. Die gesamte Zeit meiner Karriere stand die Weiterentwicklung im Vordergrund. Besser werden – und dann werden wir sehen, wohin es führt.

Erstellt von ki