Hinter ihm liegt eine „schreckliche Zeit“, die längste Pause in seiner Karriere. Am 8. März hatte Johannes Golla für über acht Monate letztmals das Trikot der SG auf dem Spielfeld getragen. Direkt im Anschluss folgte ein DHB-Lehrgang, der in den Corona-Lockdown überging. Erst Anfang August trommelte SG Coach Maik Machulla seine Jungs wieder zum Mannschafts-Training zusammen. Nur wenige Tage später ein Moment, der völlig unspektakulär war, bei dem in 1000 Fällen 999 Mal nichts passiert. Johannes Golla geriet in der Duburghalle in Höhe der Mittellinie etwas aus dem Gleichgewicht und knickte mit dem rechten Fuß um. „Zuerst dachte ich, das wäre gar nicht schlimm“, erinnert sich der Handballer. „Unsere Physiotherapeutin Jana Kräber riet mir vorsichtshalber, nicht weiter mitzutrainieren und das Bein ruhig zu halten.“
Bittere Diagnose
Wenige Stunden später der Schock: Mittelfußbruch. Bis dahin hatte Johannes Golla nur Bänderrisse oder etwas am Sprunggelenk. Es ging um Tage, jetzt war er einige Monate weg vom Fenster. Allein bis zum OP-Termin dauerte es eine Woche, da Schwellung und Blutergüsse zunächst etwas abklingen mussten. Danach war der Kreisläufer nur in der Zuschauerrolle, wenn in der FLENS-ARENA der Ball flog. „Der Mannschaft nicht helfen zu können – das ist das Schlimmste, was einem Sportler passieren kann“, erzählt Johannes Golla. Stattdessen brauchte er selbst Unterstützung im Alltag. Nur ein Beispiel: Autofahren war nicht möglich. Selbst bei einem Automatik-Wagen braucht man zumindest den rechten Fuß – in diesem Fall den gebrochenen. Ein persönlicher Lockdown in einer Karriere, die bislang nur den Vorwärtsgang kannte.
Die Jugend am Rhein
Johannes Golla wurde im hessischen Eltville, rund 15 Kilometer westlich von Wiesbaden, geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er am Rhein. Über die JSG Eltville, den TuS Dotzheim und die SG Wallau führte der Weg in die Jugend-Bundesliga. Bei der HSG VfR/Eintracht Wiesbaden schulte Johannes Golla vom Rückraumakteur zum Kreisläufer um. Relativ rasch wurde die MT Melsungen auf das Talent aufmerksam. Im Sommer 2015 bestritt Johannes Golla seine erste Vorbereitung mit einem Bundesligisten. Es dauerte nicht mehr lange, dass der 1,95 Meter große Kreisläufer auf der Kandidatenliste der SG landete. Ab der Saison 2018/19 zählte er zum Kader des nördlichen Bundesligisten und wurde auf Anhieb deutscher Meister. Die erste Einladung zum DHB-Lehrgang traf ein, und bereits im Januar 2020 folgten die ersten Einsätze bei der Europameisterschaft.